Forscher: Extremwetter verursachte seit 2000 jährlich 6,6 Milliarden Euro Kosten

Das Prognos-Institut hat für die Bundesregierung Schäden beziffert, die seit dem Jahr 2000 in Deutschland durch Hitze, Dürre und Starkregen verursacht wurden.

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(Bild: Nick_ Raille_07 / Shutterstock)

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Seit dem Jahr 2000 sind in Deutschland durch Extremwetter jährlich Schäden in Höhe von durchschnittlich 6,6 Milliarden Euro entstanden. Das geht aus einer Studie im Projekt "Kosten durch Klimawandelfolgen in Deutschland" des Beratungsunternehmens Prognos hervor, die das Bundesklimaministerium in Auftrag gegeben hat. In dem Untersuchungszeitraum stechen besonders die heißen und trockenen Sommer 2018 und 2019 hervor sowie die Sturzfluten im Juli 2021 an Ahr und Erft. Diese drei Ereignisse allein haben der Studie zufolge Schäden von etwa 80,5 Milliarden Euro verursacht.

Der Politik habe bisher ein fundiertes Gesamtbild der volkswirtschaftlichen Kosten gefehlt, die durch den Klimawandel entstehen, schreibt Prognos. Das sei der hochkomplexen Sachlage und einer fragmentierten und teilweise lückenhaften Datenlage geschuldet. Neben einer systematischen Analyse der Folgekosten des Klimawandels kam es den Forschern darauf an, vergangene Extremwettereignisse genauer zu betrachten.

Demnach haben Hitze und Dürre der Jahre 2018 und 2019 Schäden in Höhe von 35 Milliarden Euro verursacht. Diese seien entstanden unter anderem durch Ertragsverluste von Winterweizen, Silomais und weiterer Feldfrüchte. Auch sei durch Hitze und Trockenheit Holz von minderer Qualität und weniger verfügbar gewesen. Berücksichtigt haben die Forscher auch mögliche Beeinträchtigungen durch geringere "Ökosystemleistungen des Waldes" und eine geminderte Arbeitsproduktivität.

Die Folgekosten der Sturzfluten und Überschwemmungen im Juli 2021 nicht nur an Ahr und Erft, sondern auch in Bayern und Sachsen summieren sich laut der Studie auf mehr als 40 Milliarden Euro. Hier zog Prognos bestehende Informationen der Bundesregierung zu den direkten Schäden sowie aus dem Antrag auf Hilfe aus dem EU-Solidaritätsfonds hinzu und ergänzte diese mit weiteren Quellen.

Dabei weist Prognos darauf hin, dass Aussagen über den Anteil des Klimawandels an den Schäden der Sturzfluten und Überschwemmungen nur begrenzt möglich seien. Es gebe eine große Bandbreite der ermittelten Wahrscheinlichkeiten und methodische Unsicherheiten, dass die Sturzfluten im Juli 2021 mit dem Klimawandel zusammenhängen. So sei es schwierig zu ermitteln, wie hoch der Anteil der klimawandelbedingten Schadenssummen sei.

Abgesehen von den Ereignissen in den Jahren 2018, 2019 und 2021 habe es Milliardenschäden durch Hagel und Sturm gegeben, berichtet Prognos weiter. "Viele Schäden lassen sich monetär jedoch nicht erfassen, weshalb die Schadenssumme insgesamt deutlich höher ausfällt als durch die Analysen erfasst werden konnte." Durch die Flutkatastrophe seien vorrangig Privathaushalte betroffen gewesen, während die Hitzesommer hauptsächlich Industrie und Gewerbe zu schaffen machten.

Prognos hat die Studie zusammen mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) erstellt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erläuterte, ihr Ministerium erarbeite derzeit eine neue vorsorgende Klimaanpassungsstrategie und eine Nationale Wasserstrategie. Dabei und auch sonst müssten staatliche Entscheider wissen, wer am meisten unter der Klimakrise leide und wie viel Kosten sie verursache. Für Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) bietet die Studie eine Grundlage für eine verlässliche Kosten- und Schadensanalyse, um weitere Investitionen in Anpassungen begründen und vorantreiben zu können.

Die Ergebnisse der Studie sollen wissenschaftlich aufbereitet publiziert werden. Auch sollen sie so dargestellt werden, dass sie für eine breite Öffentlichkeit verständlich werden, um diese über die realen und bereits aufgetretenen Folgen des Klimawandels aufzuklären. Ziel der Forscher ist es auch, künftige Kosten modellieren zu können. Diese Ergebnisse sollen laut einer Auskunft von Prognos zu heise online voraussichtlich im Dezember 2022 vorliegen.

Analysen des Rückversicherers Munich Re zufolge beliefen sich die Schäden durch die Sturzfluten an Ahr und Erft im Juli 2021 ebenfalls auf etwa 40 Milliarden Euro. Insgesamt sollen Naturkatastrophen im gesamten vorigen Jahr weltweit 280 Milliarden US-Dollar Schadenskosten verursacht haben. Der Sommer 2021 war in Europa Klimadaten zufolge der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Er war rund ein Grad wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020.

(anw)