Fotofinish und Skandale bei der Schachcomputer-Weltmeisterschaft

Das Programm Shredder gewann heute knapp die im Rahmen der Computerspiel-Olympiade in Graz ausgetragene Schachweltmeisterschaft der Computer.

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Von
  • Lars Bremer

In Graz endete heute die im Rahmen der Computerspiel-Olympiade ausgetragene Schachweltmeisterschaft der Computer. Das Programm Shredder, das auch die schwedische Computerschach-Rangliste mit deutlichem Vorsprung anführt, schlug im Stichkampf das durch die Matches gegen Kramnik und Kasparow bekannte Programm Fritz mit 1,5 zu 0,5. In dem elfrundigen Turnier hatten beide Kontrahenten mit 9,5 Punkten dasselbe Ergebnis erreicht. Shredder lief auf einem Dual-Xeon mit 3 GHz, Fritz spielte auf einem Quad-Xeon mit 2,8 GHz, ebenso Vorjahressieger Junior, der mit einem halben Punkt Rückstand Dritter wurde. Auch die parallel ausgetragene Blitzschach-Weltmeisterschaft, bei der jedem Programm für die gesamte Partie nur fünf Minuten Bedenkzeit zustehen, gewann Shredder.

Das Turnier war von zwei Streitfällen überschattet worden. So mußten die Organisatoren einen Teilnehmer disqualifizieren, weil er den aufgekommenen Verdacht nicht ausräumen wollte, sein Programm enthielte Teile eines bekannten Open-Source-Schachprogramms. Die Regeln sehen in solchem Fall vor, dass der Programmierer seinen Quelltext der Turnierleitung zur Begutachtung übergeben muss. Das hatte der Delinquent aber abgelehnt.

Für Trubel und hitzige Diskussionen sorgte in der letzten Runde des Turniers auch die Partie von Shredder: In klar gewonnener Stellung ließ der spätere Champion eine dreifache Stellungswiederholung zu. Sein Gegner hätte nach den Schachregeln daraufhin die Partie für Unentschieden erklären lassen können. Dies empfand er aber in verlorener Stellung als unfair, spielte weiter und verlor schließlich. Gut für Shredder, schlecht für Fritz, das im Falle eines Unentschiedens Weltmeister gewesen wäre, so aber in den Stichkampf mußte und diesen auch noch verlor.

Außer Schach spielten die Computerprogramme auf der Olympiade aber noch jede Menge anderer Spiele. Den ebenfalls zur Weltmeisterschaft umdeklarierten Backgammon-Wettbewerb gewann der Kölner Programmierer Frank Berger mit seinem Programm BGBlitz -- allerdings wurde er gleichzeitig Vorletzter, weil mit GnuBG nur ein weiteres Programm teilnahm. Mehr Erfolg hatte die Open-Source-Gemeinde im Go-Turnier: GnuGo konnte sämtliche Partien auf dem 19x19-Brett gewinnen. Weiterhin wurden unter anderem noch japanisches Schach, 100-Felder-Dame, Hex und RoShamBo (Schere, Stein, Papier) gespielt. (Lars Bremer) / (ad)