Frances Haugen: Facebook "nicht kompatibel mit Demokratie"
Seite 3: "Probleme sind lösbar"
Die gute Nachricht: Haugen hält Facebooks Probleme für lösbar. "Ein sichereres, angenehmeres Soziales Netzwerk, das die Freie Rede respektiert, ist möglich." Die Auswahl der Inhalte durch Engagement Based Ranking müsse enden. Angezeigt sei ein anti-chronologischer Feed, bei dem die Nutzer selbst entscheiden, wem sie folgen und wessen Postings sie sehen möchten, mit moderatem Spamfilter. Eine Haftpflicht für die Ranking-Entscheidungen der eigenen Algorithmen würde automatisch das Aus für Engagement Based Ranking bringen, meint die Amerikanerin.
Außerdem brauche es Transparenz, datenschutzkonforme Offenlegung interner Daten und Forschungsergebnisse, eine neue, kompetente Aufsichtsbehörde, sowie ein höheres Mindestalter von 16 oder 18 Jahren für die Nutzung Sozialer Netzwerke – statt der derzeitigen Altersgrenze von 13 Jahren. "Die problematische Nutzung erreicht ihren Höhepunkt im Alter von 14 Jahren", berichtete die Insiderin.
Jugendliche sind begehrte Zielgruppe
In dem jungen Alter würden Kinder angefixt, um Facebooks Nutzerwachstum auf Dauer zu sichern. "Es ist das selbe wie mit Zigaretten. Teenager haben keine gute Selbstbeherrschung. Sie sagen ausdrücklich 'Ich fühle mich schlecht, wenn ich Instagram nutze, aber kann nicht aufhören, weil ich sonst sozial geächtet werde.' Wir müssen die Kinder schützen", forderte Haugen.
Eltern stünden auf verlorenem Posten, weil sie in ihrer Jugend keine ähnlichen Erfahrungen gemacht hätten. Der Rat, Instagram gar nicht zu nutzen, sei schlecht. Die Nationale Gesundheitsforschungsbehörde der USA sowie Schulen sollten Eltern dabei helfen, ihre Kinder in Sachen Soziale Netzwerke zu coachen.
Lesen Sie auch
Kurswechsel bei Facebook: Biedermeier statt Aufklärung
Manche Teenager erkennen die Gefahr durchaus, und raten Preteens dazu, selten zu posten und wenig über sich Preis zu geben. Anstatt solche guten Ratschläge zu forcieren, soll Facebook die eigene Marketingabteilung angewiesen haben, Teenager von Warnungen jüngerer Nutzer abzubringen, berichtete Haugen.
"The Buck stops with Mark"
(Bild:Â Screenshot)
Verantwortlich für die Krise sei schlussendlich Mark Zuckerberg, als CEO, Vorsitzender des Verwaltungsrates und Eigentümer von etwa 55 Prozent aller Stimmrechte. Seine Firma verdiene 40 Milliarden Dollar jährlich, habe also die Mittel, die Probleme zu lösen – wenn Zuckerberg denn wolle.
"Facebooks Verhaltensmuster ist Verstecken hinter Mauern und Agieren im Schatten. Und sie haben viel zu viel Macht in unserer Gesellschaft, um in dieser Weise operieren zu dĂĽrfen", fordert Haugen Transparenz. "Sie sollten keine Geheimnisse haben dĂĽrfen, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen," mahnt sie.
Wahrscheinlich war es nicht der letzte Auftritt von Haugen im US-Parlament. Sie erwähnte Bedenken hinsichtlich der Nationalen Sicherheit. Facebooks Anstrengungen im Bereich der Spionageabwehr seien völlig unzureichend. Das legt eine Zeugenaussage in einem anderen Ausschuss, zumindest zum Teil hinter verschlossenen Türen, nahe.
(ds)