Französischer Entwurf für Geheimdienstdatenbank Edvige modifiziert

Die Erfassung von Daten, die unter "sexuelle Orientierung" oder "Gesundheit" fallen, wurde in dem neuen Entwurf. gestrichen. Kritikern gehen die Änderungen nicht weit genug.

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Von
  • Thomas Pany

Heute wird der nationalen Datenschutzbehörde Frankreichs, der Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés (CNIL), voraussichtlich die modifizierte Verordnung zur umstrittenen zentralen Geheimdienst-und Polizeidatenbank "Edvige" (Exploitation documentaire et valorisation de l'information générale) zur Sichtung überreicht. Nach wochenlangen scharfen Protesten, die zuletzt auch von Regierungsmitgliedern geäußert wurden, hatte Präsident Nicolas Sarkozy Innenministerin Michèle Alliot-Marie mit einer möglichst raschen Änderung der besonders kritisierten Passagen beauftragt, um sicherzustellen, dass "Freiheitsrechte geschützt" bleiben. Premierminister François Fillon hatte Alliot-Marie schließlich das heutige Datum als Termin für die Vorlage einer überarbeiteten Verordnung gesetzt.

Nach Informationen der Zeitschrift Le Point wurden zentrale heikle Punkte aus dem neuen Text entfernt, so etwa die Erfassung von Daten, die unter "sexuelle Orientierung" oder der "Gesundheit" gefasst wurden. Gestrichen wurden ebenfalls Passagen im Zusammenhang mit "Persönlichkeiten", die im politischen, wirtschaftlichen, gewerkschaftlichen oder religiösen Leben eine wichtige Rolle spielen. Erhalten bleiben soll hier nur ein streng begrenztes Repertoire an Daten, die den zivilen Status der Person, den Beruf und gegebenfalls das Ziel und Interesse der Organisation sowie deren Adresse enthalten. Es dürfen zudem keinerlei Information über eine ethnische Zugehörigkeit erwähnt werden.

Dass die Passagen zur Erfassung von "Personnalités" stark modifiziert wurden, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass es von Seiten der Gewerkschaften und namhafter Repräsentaten der Unternehmen besonders scharfe Kritik gegeben hatte. Angemahnt wurde von Kritikern jedoch auch, dass der Zugang zu den Daten begrenzt würde, dass nicht jeder Polizist nach Gutdünken in der Kartei stöbern dürfe. Nach Aussagen der Innenministerin soll der neue Entwurf festlegen, dass der Zugang nur bestimmten Polizisten, die "ordnungsgemäß dazu ermächtigt" sind, gewährt wird.

Die Änderungen an einem anderen heiklen Punkt, der ebenfalls kritisiert wurde, halten sich jedoch in Grenzen. Während einige Elemente der im Juli ergangenen Verordnung zu Edvige bereits in einer Vorgängerdatei geführt wurden, sollen nun auch Minderjährige ab 13 Jahren von der Datenbank erfasst werden können, wenn sie verdächtigt werden, dass sie die öffentliche Sicherheit stören könnten (wobei letzter Punkt für die Erfassung von "potentiellen Tätern";in der neuen Fassung wurde der frühere Begriff "öffentliche Ordnung" durch "öffentliche Sicherheit" ersetzt). Trotz allem Einlenken machte Sarkozy jedoch schnell deutlich, dass er in diesem Punkt zu keinem entscheidenden Nachgeben bereit ist. Der Kampf gegen die Jugendkriminalität, besonders in den so genannten Problemvierteln, ist eines der großen Themen, mit denen Sarkozy sich um die Präsidentschaft bewarb, die zentrale Datenerfassung Edvige spielt hier eine wesentliche Rolle.

Der Chef der nationalen Datenschutzbehörde CNIL, Alex Türk, äußerte sich in einem Interview heute morgen zufrieden. Die wichtigsten Punkte von Edvige, die ein Problem darstellten, seien geregelt. Seine Behörde werde einen Monat für die Prüfung des Entwurfs brauchen, so Türk, danach werde der Conseil d'Etat – das oberste Verwaltungsgericht Frankreichs und zugleich oberstes Prüforgan für Gesetzesvorschläge und Verordnungen – entscheiden. Am Ende des Jahres könnte das neue Dekret dann in Kraft treten.

Wie aktuelle Presseberichte über die Reaktionen auf den Relaunch von Edvige andeuten, sind längst nicht alle so zufrieden wie der Präsident der Datenschutzbehörde, die übrigens nur beratende Funktion hat. Vertreter der Opposition und von Gewerkschaften äußerten sich enttäuscht darüber, dass es keine parlamentarische Debatte über Edvige gegeben habe. Gefordert worden war von den Kritikern auch ein verbindliches Rahmengesetz für die Datenbank. ()