Französisches Parlament vertagt Endabstimmung zum Urheberrechtsgesetz
Die Abgeordneten haben sich noch mit dem Schutz technischer Kopierschutzblockaden und der Dauer des Urheberrechts beschäftigt; die französische Regierung ist jedoch mit ihrem Plan gescheitert, die Reform des Urheberrechts vor Jahresende abzuschließen.
Die französische Regierung ist mit ihrem Plan gescheitert, die heftig umstrittene Reform des Urheberrechts noch vor Jahresende abzuschließen. Nach drei langen Sitzungstagen haben die Abgeordneten des französischen Parlaments die 1. Lesung des Gesetzesentwurfs für die Urheberrechtsnovelle (DADVSI) und der dazu eingegangen rund 200 Änderungsanträge am späten Abend des gestrigen Donnerstags unterbrochen. Am 17. Januar 2006 soll weiter verhandelt werden.
Im Zentrum der letzten Debatte vor der Weihnachtspause stand die Frage des rechtlichen Schutzes von technischen Kopierschutzblockaden. Er wird prinzipiell von der EU-Urheberrechtsrichtlinie vorgeschrieben, um dessen verspätete Umsetzung ins nationale Recht es bei dem Gesetzesvorhaben geht. Das französische Parlament will hier aber anscheinend – im Unterschied zum Deutschen Bundestag -- die gebliebenen Spielräume voll ausnutzen und die aus Brüssel vorgegebenen Regelungen nicht Eins zu Eins übernehmen. So haben die Abgeordneten gestern etwa einen Änderungsantrag angenommen, wonach die Schutzmassnahmen die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und Abspielgeräten nicht verhindern dürfen. Dieser Zusatz soll aber nur gelten, solange die Nutzungsbedingungen eines Werks nicht beeinträchtigt werden.
Generell wollen die französischen Abgeordneten den schwammigen Begriff der "technischen Schutzmaßnahmen" im Gesetz selbst näher definieren, konnten sich dabei aber noch nicht auf genaue Vorgaben einigen. Ausgeschlossen haben sie bereits, dass auch Protokolle, Dateiformate oder Methoden zur Verschlüsselung an sich bereits als Kopierschutz gelten. Eine Ausnahme gilt hier nur bei verschlüsselten Fernsehprogrammen. Viel Zeit beansprichte in der gestrigen Sitzung zudem eine Debatte über freie Software und die Monopolstellung von Microsoft. Der Sozialist Christian Paul bemühte sich vor der Endrunde zudem, den Horizont von Kultusminister Renaud Donnedieu de Vabres zu erweitern: Er schenkte ihm das Buch "Die Zukunft der Ideen" des Stanforder Rechtsprofessors Lawrence Lessig, der seit langem für eine Öffnung des Copyrights eintritt.
In der Nacht zum Donnerstag hatten die Abgeordneten der Regierungsbank bereits arge Sorgen bereitet, weil sie entgegen der Vorlage des Ministers das Recht auf die Privatkopie stärken und eine Art "Kulturflatrate" für die Nutzung von Tauschbörsen einführen wollen. Das Filesharing auch urheberrechtlich geschützter Songs oder Videos soll damit durch die Bezahlung einer Pauschalgebühr erlaubt werden. Gestern stellten sie nur noch klar, dass Software von der weitgehenden Regelung zur Privatkopie ausgenommen bleibt. Zudem waren sich die Parlamentarier einig, dass die Urheberrechte 50 Jahre lang nach der Schaffung eines Werkes gelten sollen. Der französische Senat muss die Vorlage der Abgeordneten aber noch absegnen.
Die Debatte über einen Großteil der Gesetzesartikel und Änderungsanträge steht zudem noch aus. Der Schweizer Blogger Philipp Imhof, der die Urheberrechtsnovelle detailliert in seinem Online-Journal begleitet, geht davon aus, dass die Parlamentarier auch dabei für einige Überraschungen gut sein könnten: "Frankreich hat 2003 gegenüber den USA schon einmal bewiesen, dass es kein Mitläufer ist. Nun hat es erneut die Gelegenheit dazu. Die Grande Nation hat es in der Hand: Sie kann nach über 300 Jahren eine neue Revolution durchführen oder vor der Unterhaltungsindustrie einen Bückling machen." (Stefan Krempl) / (jk)