Fraunhofer: Deutschland wird bis 2030 zentrale Batterie-Republik in Europa

Deutschland spielt laut Forschern bald eine führende Rolle in Europa beim Aufbau von Batteriezellfabriken mit einer Kapazität von insgesamt bis zu 400 GWh.

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(Bild: Shutterstock.com / buffaloboy)

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Die große Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien insbesondere in der Auto- und Energieindustrie decken derzeit vor allem Hersteller aus China, Japan und Südkorea. Doch es gibt seit einigen Jahren auch in Europa zunehmende politische und wirtschaftliche Bemühungen, große Batteriezellfabriken zu errichten. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) rechnet mit einem Erfolg dieser Aktivitäten: Bis 2025 werden sich ihm zufolge die Produktionskapazitäten solcher "Gigafactories" auf dem alten Kontinent voraussichtlich auf über 500 GWh vervierfachen, bis 2030 sogar auf bis zu 1,5 TWh verzehnfachen.

Damit werden laut dem ISI bis Ende des Jahrzehnts ungefähr ein Viertel der global angekündigten einschlägigen Produktionsmöglichkeiten in Europa entstehen. Die Projekte zum Aufbau von Batteriezellfabriken erstrecken sich demnach über mindestens 15 europäische Länder. Deutschland spiele dabei eine zentrale Rolle, da hierzulande mit knapp 400 GWh mehr als ein Viertel der europäischen Zellproduktionskapazitäten entstehen soll. Dies würde rechnerisch der Leistung der Batterien von rund 6,5 Millionen E-Autos entsprechen. Der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zufolge wird Deutschland so vor Großbritannien und Frankreich der mit Abstand größte europäische Fertigungsstandort für diese wichtigen Bauteile.

Gründe für den erwarteten Boom sieht das ISI darin, dass – angelockt auch durch staatliche Fördergelder über EU-Großvorhaben – viele etablierte asiatische Zellhersteller nach Europa expandieren. Ferner planten aber auch viele europäische Start-ups und etablierte Akteure etwa aus der Autoindustrie umfangreiche Investitionen in die Zellherstellung oder setzten diese bereits um. Die Forscher werten entsprechende Ankündigungen begleitend zur Förderinitiative Batteriematerialien für künftige elektromobile, stationäre und weitere industrierelevante Anwendungen im Auftrag des Bundesforschungsministeriums aus.

Der erwartete rasante Aufbau werde derzeit maßgeblich durch europäische Akteure wie Northvolt, VW und der Automotive Cells Company (ACC) getrieben, hinter der unter anderem Mercedes-Benz und Stellantis stehen, erklärte ISI-Batterieexperte Lukas Weymann. Allein diese drei hätten gemeinsam ungefähr ein Drittel der europäischen Zellproduktionskapazitäten angekündigt. Northvolt wolle neben zwei großen Zellfabriken in Schweden auch eine Gigafactory im deutschen Heide errichten, VW setze auf Salzgitter und Valencia. ACC plane, in Deutschland, Frankreich und Italien zu bauen.

Neben den europäischen Zellherstellern werden der Untersuchung zufolge auch Konzerne wie CATL (China) und Tesla (USA) mit ihren beabsichtigten deutschen Zellfabriken sowie LGES und Samsung SDI (Südkorea) mit ihren osteuropäischen Fabriken einen großen Anteil der Zellproduktion auf dem alten Kontinent etablieren. Insgesamt peilen über 40 Zellhersteller Batteriefabriken in Europa an.

Energiespeichertechnologien gelten als Rückgrat künftiger Entwicklungen in bedeutenden Wirtschaftszweigen. E-Autos etwa benötigen leistungsfähige Batterien für entsprechende Reichweiten, auch Strom aus erneuerbaren Energien ist auf stationäre Energiespeicher und große Akkus angewiesen. Um einschlägige innovative Techniken voranzubringen, entsteht in Münster auch eine mit 500 Millionen Euro staatlich geförderte Batterieforschungsfabrik. Der Standort der "Forschungsfertigung Batteriezelle" (FFB) ist aber umstritten.

(olb)