Frequenzplan der Netzagentur: Bundeskartellamt sorgt sich um 1&1

Die von der Bundesnetzagentur geplante Verlängerung der Flächenfrequenzen hat laut den Kartellwächtern gravierende wettbewerbliche Nachteile vor allem für 1&1.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 62 Kommentare lesen

(Bild: Sunshine Studio/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Das Bundeskartellamt ist gegen das Vorhaben der Bundesnetzagentur, die Rechte für die Nutzung der 2025 auslaufenden Lizenzen für Frequenzblöcke im 800-MHz-Band für voraussichtlich fünf Jahre zu verlängern. Dieser Plan würde den neuen Mobilfunkbetreiber 1&1 quasi wieder aus dem Markt drängen, sorgen sich die Kartellwächter um das junge Pflänzchen des erstarkenden Wettbewerbers für die Platzhirschen Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone.

Das Bundeskartellamt hält den von der Regulierungsbehörde zunächst vorgeschlagenen Frequenztausch für den besseren Weg: Damit würden die Lizenzen bei 800 MHz bis 2033 verlängert, dafür die Vergabe der Blöcke im 900-MHz-Band auf 2025 vorgezogen. Die niedrigen Frequenzen unter einem GHz sind besonders begehrt, da sie etwa für die breite Flächenabdeckung sowie die Mobilfunkversorgung in Gebäuden gut geeignet sind.

Die von der Regulierungsbehörde ins Spiel gebrachte Verlängerung der Flächenfrequenzen um 800 MHz habe "gravierende wettbewerbliche Nachteile" insbesondere für den Marktneuling 1&1 gegenüber den etablierten Mobilfunknetzbetreibern, schreibt das Kartellamt in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Es müsse dringend berücksichtigt werden, "dass in der jetzigen Situation alle denkbaren Entscheidungen über die Nutzungsrechte" der Frequenzen "die Realisierungsmöglichkeit eines vierten Mobilfunknetzes fundamental beeinflussen".

1&1 hätte in dem gesamten Zeitraum keine Möglichkeit des Erwerbs von Flächenfrequenzen, führt die Bonner Wettbewerbsbehörde aus. Daher könnte der Herausforderer den gesamten Netzaufbau nicht in dem beabsichtigten Ausmaß fortsetzen und gegebenenfalls "selbst innerstädtisch keine flächendeckende Versorgung auf der Basis der eigenen Infrastruktur anbieten". Zugleich bliebe 1&1 während der fünf Jahre "über die Maßen abhängig von National-Roaming-Leistungen anderer Netzbetreiber". Bereits getätigte Investitionen in Infrastruktur würden zudem entwertet: ein eigener weiterer Netzausbau ohne eigene Frequenzen sei ökonomisch sinnlos.

Der von 1&1 beabsichtigte und bereits in weiten Teilen realisierte Markteintritt biete möglicherweise "für einen längeren Zeitraum zum letzten Mal die Chance, die bestehende Marktstruktur mit drei Netzbetreibern aufzubrechen", hebt das Kartellamt hervor. Effektiver Wettbewerb zwischen mehreren Netzbetreibern sei das wirksamste Mittel, "um effizienten Netzausbau und Netzaufrüstung zu forcieren sowie gleichzeitig erschwingliche Preise für leistungsfähige Mobilfunkprodukte zu ermöglichen". Die Kartellwächter halten auch fest, "dass Telekom, Telefónica und Vodafone, im Gegensatz zu 1&1, neben den auslaufenden Rechten für die 800 MHz-Frequenzen auch zusätzlich Nutzungsrechte über technisch vergleichbare Frequenzen im Bereich 700 und 900 MHz besitzen".

Ein Blick in das europäische Ausland zeigt laut dem Kartellamt, dass auf dieser Basis "eine hinreichende Ausstattung von vier Mobilfunknetzbetreibern mit eigener Infrastruktur durchaus möglich ist". Eine Abgabe von Frequenzblöcken im 900-MHz-Bereich wäre den drei großen Betreibern auch zumutbar. Nötig sei ferner eine "durchsetzbare Diensteanbieterverpflichtung". Damit müssten die Netzbetreiber einen Teil ihrer Kapazitäten an andere Firmen vermieten, die keine eigene Infrastruktur haben. Das bestehende Verhandlungsgebot reicht laut der Eingabe nicht aus. Die anstehende Entscheidung sollte ihr zufolge auch genutzt werden, um die seit Jahren gedämpfte Wettbewerbssituation im Vorleistungsbereich etwa zugunsten von Mobilfunk-Discountern nachhaltig zu beleben.

(vbr)