G20-Staaten wollen bei und mit KI weltweit Chancengleichheit garantieren

In einer gemeinsamen Erklärung drängen die G20-Länder auf eine "inklusive internationale Zusammenarbeit" bei KI für Kapazitätsaufbau und Technologietransfer.

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Die Flaggen der G20-Länder sind an Fahnenmästen gehisst.

Die G20-Länder wollen bei der Regulierung von KI mehr Rücksicht auf Entwicklungsländer nehmen.

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Künstliche Intelligenz (KI) soll nicht nur hoch technologisierten Ländern zugutekommen. Dafür machen sich die Digitalminister der G20-Staaten in einer gemeinsamen Erklärung stark, auf die sich bei ihrem Treffen am Freitag in Maceió, Brasilien, geeinigt haben. Sie warnen darin vor dem Risiko, dass KI ohne gegenzusteuern die digitale Kluft innerhalb und zwischen Ländern vergrößern könnte.

Dazu kommt der Appell, "eine inklusive internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu fördern". Dies soll insbesondere für den Kapazitätsaufbau, gemeinsame Forschung sowie den "freiwilligen Technologietransfer und Wissensaustausch zu einvernehmlich vereinbarten Bedingungen" gelten.

Ziel ist es laut der Erklärung, die Beteiligung aller Nationen und insbesondere der Entwicklungsländer "an der digitalen Transformation auszuweiten". Nur so könnten alle die Vorteile der Schlüsseltechnik nutzen und "auf verantwortungsvolle und ethische Weise" wirksam an der Entwicklung, Einführung und dem Einsatz sicherer und vertrauenswürdiger KI-Systeme teilnehmen.

Gerade Schwellenländer bräuchten bessere Möglichkeiten, technisches Fachwissen und Kapazitäten zu entwickeln, Daten und Rechenressourcen zu nutzen und das Potenzial von Open-Source-Technologien und -Systemen sowie offenen Daten auszuschöpfen, um von KI "in großem Maßstab" zu profitieren.

Die brasilianische Präsidentschaft stellte vor Ort einen Instrumentenkasten zur Bewertung der Einsatzoptionen für Künstliche Intelligenz vor, das sie mit Unterstützung der Unesco entwickelte.

Generell zeigen sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer – darunter die USA, Deutschland, Indien und China – zuversichtlich, dass vertrauenswürdige KI bei einer transparenten ethischen, verantwortungsvollem und zuverlässig Anwendungsweise, "als Katalysator für wirtschaftliches Wachstum und eine inklusive nachhaltige Entwicklung auch in sozialer und ökologischer Dimension" wirken kann.

Die Minister bekräftigen ihr Engagement, "KI für das Gute einzusetzen" und einen gerechten Zugang dazu zu fördern. Sie verpflichten sich zu "risikobasierten, menschenzentrierten, entwicklungsorientierten und innovationsfreundlichen" Ansätzen der Regulierung der Technik, die mit den geltenden Rechtsrahmen für Sicherheit, Privatsphäre, Menschenrechte und dem Schutz immaterieller Güter im Einklang stehen.

Sie wollen in diesem Sinne die internationale Zusammenarbeit und weitere Debatte über KI für eine inklusive, nachhaltige Entwicklung und die Verringerung von Ungleichheiten fördern.

Es sei nötig, Wege zu finden, "um KI für eine inklusive und nachhaltige Entwicklung zu nutzen, als Instrument zur Bekämpfung der Armut und als Beitrag zum globalen Fortschritt zum Nutzen aller", heißte es in dem Dokument. Entwickler einschlägiger Systeme sollten trotz – oder gerade wegen – ihrer tendenziell globalen Reichweite versuchen, "ein breites Spektrum sprachlicher, soziokultureller, ethnischer und geografischer Kontexte abzubilden". Gefragt seien "vielfältige und repräsentative Datensätze", um zu vermeiden, "dass diskriminierende oder voreingenommene Anwendungen und Ergebnisse während ihres gesamten Lebenszyklus verstärkt oder aufrechterhalten werden".

In Deepfakes und anderen echt wirkenden, künstlich mit KI erstellte Falschinformationen sehen die G20-Vertreter ein Problem. Sie bauen aber darauf, "dass Mechanismen zur Inhaltsauthentifizierung und -herkunft sowie entsprechende technische Standards dabei helfen können, KI-generierte Inhalte zu identifizieren und es Nutzern ermöglichen, Informationsmanipulationen zu erkennen".

Eine entscheidende Komponente für die KI-Entwicklung stellen den Ministern zufolge qualitativ hochwertige Trainingsdaten dar. Der Zugriff darauf müsse weltweit in einem rechtssicheren Rahmen erfolgen. In diesem Lichte erkennen die Regierungsvertreter die wichtige Rolle von Open-Source-Software, offenen Programmierschnittstellen (APIs) und internationaler sowie offener Standards an.

Auch der Einbau von IT-Sicherheit direkt in die Technik (Security by Design) müsse vorangetrieben werden.

Festhalten wollen die G20-Staaten ferner an ihrem Einsatz "für eine universelle und sinnvolle Konnektivität für alle, da ein Drittel der Weltbevölkerung aufgrund mangelnder Zugänglichkeit, Erschwinglichkeit, digitaler Kompetenz und Fähigkeiten keinen Zugang zum Internet hat". Es gelte, die digitale Kluft zwischen den Geschlechtern bis 2030 zu halbieren.

Dies bedürfe "koordinierter und gezielter Anstrengungen", um die spezifischen Bedürfnisse der unterversorgten und nicht angeschlossenen Menschen zu erfüllen.

Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) wertete die Erklärung als wichtigen Schritt "auf dem Weg zu einem globalen Verständnis bei der Regulierung von KI" und des Internets. Deutschland stehe hier bereits für einen "wertebasierten Ansatz" ohne Zensur und staatlichen Zugriff. Heftig umstritten ist aber die von der Ampel geplante Freigabe der Nutzung biometrischer Stimm- und Gesichtserkennung für Strafverfolger.

KI habe "großes Potenzial, Herausforderungen wie Gesundheitsversorgung, Ernährung und Bildung" zu meistern, hob Wissing ungeachtet dessen hervor. Die Bundesregierung unterstütze daher den brasilianischen Vorstoß, den Einsatz von KI gezielt in Ländern des globalen Südens zu fördern, "um weltweit Chancengleichheit zu garantieren". Die G7-Staaten verständigten sich bereits 2023 auf einen KI-Verhaltenskodex.

(nen)