Giove soll Frequenzbänder für Galileo sichern

Voraussichtlich am 28. Dezember startet mit Giove-A der erste Testsatellit für das europäische Navigationssystem Galileo ins All. Die ESA muss dann nachweisen, dass sie die für Galileo reservierten Funkfrequenzen auch tatsächlich nutzen kann.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Wenn alles glatt läuft, wird Giove-A Ende Dezember von der Sojus-Trägerrakete getrennt und lässt sich dann über die wiederzündbare Fregat-Stufe steuern. [Klicken für Großansicht]

Kaum hat die Europäische Weltraumagentur (ESA) gemeinsam mit dem französisch-russischen Raketenbauer Starsem die Raumsonde Venus Express erfolgreich auf den Weg zu unserem Schwesterplaneten gebracht, beginnt auch schon die heiße Phase für das nächste Weltraum-Großprojekt: Am 28. Dezember soll ebenfalls vom kasachischen Kosmodrom Baikonur aus ein erster, rund 28 Millionen Euro teurer und 600 Kilogramm schwerer Testsatellit für das europäische Navigationssystem Galileo an Bord einer Sojus-Fregat-Trägerrakete auf eine Umlaufbahn knapp 24.000 Kilometer über der Erde geschossen werden.

Eine der Hauptaufgaben des vom britischen Unternehmen Surrey Satellite Technology Ltd. gebauten Satelliten ist die Sicherung der Frequenzbänder für den Galileo-Betrieb: Bis Juni 2006 muss die ESA nachweisen, dass sie die von der International Telecommunications Union (ITU) für Galileo reservierten Funkfrequenzen tatsächlich nutzen kann. Auch sollen im Rahmen des Testprogramms Galileo System Test Bed (GSTB) die genauen Umlaufbahnen der für die Testphase vorgesehenen Satelliten ermittelt, sowie die Rubidium-Atomuhren an Bord und die Signalübertragung mittels zweier paralleler Übertragungskanäle unter Weltraumbedingungen getestet werden. Die Signale von Giove-A werden auch für die GPS-Erweiterung EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) genutzt.

Die niederländische Verkehrsministerin Carla Peijs taufte den bislang unter der Bezeichnung GSTB-V2/A geführten Experimentalsatelliten am gestrigen Mittwoch im "European Space Research and Technology Centre" (ESTEC) der ESA in Noordwijk auf den einprägsameren Namen Giove-A. Giove (ein Akronym für "Galileo In-Orbit Validation Element" und italienisch für "Jupiter") soll an den Namensgeber des europäischen Navigationssystems, Galileo Galilei, erinnern, der im Jahr 1610 mit seinem Teleskop vier (Io, Europa, Ganymed und Kallisto) der mehr als 60 Monde des Jupiter entdeckt hatte.

Ein zweiter, vom europäischen Gemeinschaftsunternehmen Galileo Industries parallel gebauter Experimentalsatellit (GSTB-V2/B) wird künftig den Namen Giove-B tragen. Giove-B ist zunächst als Ersatz für Giove-A gedacht, sollte beim Launch im Dezember oder beim Betrieb unter Real-Bedingungen im All etwas schief gehen. Verläuft jedoch alles planmäßig, wird Giove-B voraussichtlich im Frühjahr ebenfalls für Testzwecke in den Weltraum geschossen. Giove-B hat zusätzlich eine passive Wasserstoff-Maser-Uhr an Bord, die Positionsmessungen für später kostenpflichtige Dienste mit einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern erlaubt. Giove-B wird deshalb auch mit Dreikanal-Simultan-Übertragung arbeiten. Zur orbitalen Validierung werden 2008 dann weitere 4 Satelliten folgen, deren Konstellation die exakte Positions- und Zeitbestimmung in den Teststandorten vervollständigt. Bis Ende 2010 sollen dann alle 30 Galileo-Navigationssatelliten auf ihren Erdumlaufbahnen positioniert sein.

Der Streit um zusätzliche Gelder für Galileo hat sich unterdessen etwas entspannt, nachdem die ESA eine Zwischenfinanzierung für die Startphase des Projekts in Höhe von nahezu einer Milliarde Euro übernommen hatte. Die Zwischenfinanzierung war nötig geworden, weil unter anderem Deutschland die Zahlungen für Galileo Mitte Oktober blockiert hatte. So besteht Deutschland – das sich bislang mit rund einer halben Milliarde Euro an den Anlaufkosten beteiligt hat – unter anderem darauf, dass das Galileo-Hauptkontrollzentrum im bayerischen Oberpfaffenhofen angesiedelt wird. Inzwischen haben jedoch auch Italien, Frankreich und Spanien Ansprüche auf das Filetstück im Galileo-Konzept angemeldet.

Die Befürchtung, deutsche Unternehmen könnten bei Galileo künftig lediglich eine Nebenrolle spielen, kam nach der Entscheidung, dass die Industriekonsortien Eurely – wo spanische, französische und italienische Firmen den Ton angeben – und iNavSat (EADS, Thales, Inmarsat) den Aufbau des Satellitensystems künftig gemeinsam betreiben wollen, statt als Konkurrenten aufzutreten. Der spätere Konzessionär erhält für 20 Jahre die Vermarktungsrechte des Galileo-Systems, muss dafür aber Zweidrittel der Kosten für den Aufbau sowie die Betriebskosten übernehmen. Der endgültige Konzessionsvertrag soll jetzt im zweiten Quartal des kommenden Jahres unterzeichnet werden. (pmz)