Stolpe macht bei Galileo Ernst

Verkehrsminister Manfred Stolpe hat seine Drohung wahr gemacht und die Bewilligung zusätzlicher deutscher Finanzmittel für das künftige europäische Satellitennavigationssystem blockiert.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Verkehrsminister Manfred Stolpe hat seine Drohung wahr gemacht und die Bewilligung weiterer Finanzmittel für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo blockiert. Nach einem Bericht des Handelsblatts erfolgte die Entscheidung nach einer Ratssitzung der europäischen Raumfahrtorganisation ESA am gestrigen Donnerstag in Paris. Diese sei ohne Ergebnis beendet worden, man sei im Streit auseinander gegangen, berichtet die Wirtschaftszeitung.

Bereits im Frühjahr hatte Stolpe damit gedroht, den deutschen Anteil von rund 20 Prozent an zusätzlichen Anlaufkosten in Höhe von zirka 430 Millionen Euro einzufrieren. Frisches Geld benötigt vor allem die für den Bau der Galileo-Testsatelliten verantwortliche Galileo Industries, in der führende europäische Raumfahrtunternehmen zusammengeschlossen sind. "In spätestens drei Wochen geht uns das Geld aus", zitiert das Handelsblatt unternehmensnahe Kreise von Galileo Industries.

Hintergrund der Zahlungsweigerung Deutschlands sind industriepolitische Machtkämpfe um die Verteilung künftiger Kompetenzen und wichtiger Galileo-Standorte. So besteht Deutschland -- das sich bislang mit rund einer halben Milliarde Euro an den Anlaufkosten beteiligt hat -- unter anderem darauf, dass das Galileo-Hauptkontrollzentrum im bayerischen Oberpfaffenhofen angesiedelt wird. Inzwischen haben jedoch auch Italien, Frankreich und Spanien Ansprüche auf das Filetstück im Galileo-Konzept angemeldet.

"Wir wollen eine faire Lösung für alle Beteiligten. Deutschland wird aber nicht mit seinem Beitrag nur die Luft- und Raumfahrtindustrie in Südeuropa und Frankreich finanzieren", sagte Verkehrsminister Stolpe. Die Befürchtung, deutsche Unternehmen könnten bei Galileo lediglich eine Nebenrolle spielen, kam nach der überraschenden Entscheidung, dass die Industriekonsortien Eurely -- wo spanische, französische und italienische Firmen den Ton angeben -- und iNavSat (EADS, Thales, Inmarsat) den Aufbau des Satellitensystems künftig gemeinsam betreiben wollen, statt als Konkurrenten aufzutreten.

Der spätere Konzessionär erhält für 20 Jahre die Vermarktungsrechte des Galileo-Systems, muss dafür aber Zweidrittel der Kosten für den Aufbau des 30 Satelliten umfassenden Systems sowie die Betriebskosten übernehmen. Das Satellitensystem soll in der Telekommunikation, im Straßen-, Schienen- und Luftverkehr sowie für Energie- und Umweltanwendungen eingesetzt werden.

Ende 2005 soll der erste Galileo-Testsatellit ins All geschossen werden, dem bis 2006 drei weitere folgen. Spätestens im Jahr 2008 sollen jeweils zehn Satelliten auf drei verschiedenen Umlaufbahnen die Erde umkreisen. Insgesamt rechnet man in Industrie- und Politikkreisen damit, dass Galileo mehrere hunderttausend Arbeitsplätze schaffen wird. Die potenziellen Umsätze werden im zweistelligen Milliardenbereich angesiedelt. (pmz)