Google: NotebookLM verliert zentrale Mitarbeiter, bekommt "Call-in"
Googles Recherchewerkzeug steht vor einer Zäsur: Wichtige Teammitglieder verlassen NotebookLM. Eine seit Mai angekündigte Funktion wurde indes umgesetzt.
Wie geht es bei NotebookLM weiter? Nachdem das Recherchewerkzeug mit Podcast-Funktion, das zwischenzeitlich für großen Hype gesorgt hatte, Mitte Dezember um einen Plus-Dienst für Intensivnutzer und Geschäftskunden erweitert wurde, gibt es nun größere Veränderungen im Team des im Rahmen von Googles Lab-Abteilung entstandenen Dienstes. Sie betreffen wichtige Personalien.
Dreierteam gründet eigenes Start-up
Denn gleich drei bekannte Mitarbeiter von NotebookLM verlassen Google im kommenden Jahr, beziehungsweise haben es bereits getan – darunter auch die Projektchefin Raiza Martin. Sie gründet zusammen mit dem Software-Experten Stephen Hughes und dem Interaktionsdesigner Jason Spielman, die beide zuvor mit ihr bei Google gearbeitet hatten, "etwas Neues", wie alle drei Personen auf LinkedIn mitteilten. Martin und die weiteren Abgänge waren über einen vergleichsweise langen Zeitraum bei Google beschäftigt – Martin fünfeinhalb Jahre, Spielman siebeneinhalb und Hughes mehr als acht.
"Jason ist einer meiner besten Mitarbeiter, mit dem ich nun schon seit mehr als vier Jahren in verschiedenen Teams zusammenarbeite. (...) Stephen ist genau die Art von Mensch, den ich bei Google zu treffen hoffte: brillant, durchdacht, kreativ – und ein echter 10x-Ingenieur", so Martin. Was genau sie nun vorhat, verriet sie nicht – nur, dass man in einer frühen Phase des Neuaufbaus sei. Es dürfte angesichts des anhaltenden KI-Booms im Silicon Valley für Ex-Googler nicht schwer gewesen sein, ordentlich Risikokapital einzuwerben. Eine Platzhalter-Website von Martin & Co. existiert bereits. Sie nennt sich Werebuilding.ai ("Wir bauen KI"), enthält aber keine weiteren Informationen bis auf ein Feld zum Anmelden für einen Newsletter. Steven Berlin Johnson, bekannter Sachbuchautor und einer der Initiatoren von NotebookLM, scheint weiterhin bei Google tätig zu sein, jedenfalls postet er weiter fleißig Lobgesänge auf NotebookLM bei X. Google-Labs-Chef Josh Woodward wiederum betonte, man habe "noch so viele Ideen für NotebookLM nächstes Jahr". Man freue sich darauf, "Ihnen dabei zu helfen, alles im Jahr 2025 zu verstehen und zu kommunizieren".
Keine Lust auf die Kommerzialisierung?
Es ist unklar, warum Martin und ihre Kollegen NotebookLM ausgerechnet jetzt verlassen. Möglicherweise interessierten sie sich für den Aufbau, wollten jedoch an der Kommerzialisierung nicht mehr teilnehmen, die Google nun eingeleitet hat. Aufgrund der Tatsache, dass NotebookLM als Labs-Projekt lief, hatten die Mitarbeiter neben einem kleinen, schnell agierenden Team wohl auch viele Freiheiten, die an die eines Start-ups erinnern. Offenbar wollen dies Martin, Spielman und Hughes nun "in echt" umsetzen. Ob ihre neue Firma in eine ähnliche Richtung geht oder eine ganz neue KI-Anwendung plant, ist unklar.
"Ich möchte mich bei allen bedanken, die die Entwicklung von NotebookLM unterstützt haben – insbesondere bei unseren frühen Nutzern, die das Produkt mit ihrem Feedback geprägt haben. Die Arbeit mit Ihnen war der Höhepunkt meiner Zeit bei Google", so Martin in ihrem Abschiedsschreiben. Es gebe "noch viel zu tun" bei NotebookLM. Sie sei zuversichtlich, dass "dieses Team und dieses Produkt" auch in Zukunft "Millionen von Menschen begeistern" werden.
NotebookLM setzt lange erwartete Funktion um
Eigentlich war es zuletzt um NotebookLM wieder spannend geworden. Die Podcast-Funktion "Audio Overviews", die seit Herbst viel Lob bekommen hatte und aus simplen oder auch komplexen Dokumenten realistisch klingende Audiosendungen mit zwei Hosts in englischer Sprache erstellt, wurde um ein lange erwartetes Feature erweitert. Wie schon im Mai 2024 auf der Google I/O angekündigt, ist es künftig möglich, in bestehende Konversationen "einzusteigen", und den KI-Moderatoren in Form eines "Call-in" Fragen zu stellen, auf die sie dann auch eingehen. Die Funktion ist allerdings noch Beta und wird nicht allen Usern angeboten.
Schließlich hat Google auch noch den Look von NotebookLM überarbeitet – interessanterweise mit einem Design, das (auch) von Abgang Spielman stammt. So kann man die Oberfläche nun Desktop-artig anpassen, um den Workflow zu verbessern. Technisch nennt das Team die Idee "Studio". Es sei, so Martin, "das letzte Stück von dem, das wir uns vor fast zwei Jahren erträumt" haben. "Es ist eine leistungsstarke Oberfläche, die alle Inputs aufnimmt, die für die Nutzer wichtig sind", um einen leistungsstarken KI-gestützten Editor zu erstellen.
(bsc)