Google Suche: DMA bringt Zwischenhändlern mehr Traffic

Der Digital Markets Act zwingt Google zu Änderungen. Sie bringen Werbekunden mehr Daten, manchen Webseiten aber weniger Besucher.​

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Die Eingabemaske der Google-Suchmaschine

(Bild: Google/Daniel AJ Sokolov)

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Google meldet weitere Details zu Änderungen in Folge des Digital Markets Act (DMA). Diese EU-Verordnung tritt am Mittwoch im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in Kraft und soll die Marktmacht besonders großer Tech-Konzerne (Gatekeeper) einhegen. Einer der betroffenen Gatekeeper ist Google. Die Änderungen betreffen die gleichnamige Suchmaschine, Android, Datenverwaltung und Datenexport hinsichtlich zahlreicher Google-Dienste, Bezahlsysteme, die Kommunikation von App-Betreibern mit ihren Usern, sowie Transparenz für Werbekunden einerseits und die Betreiber von Webseiten und Apps andererseits.

In den letzten Wochen hat Google verschiedene Änderungen bei der Suchmaschine ausprobiert. Umgesetzt werden nun mehr als 20 Änderungen. Dazu zählen sogenannte Rich-Suchergebnisse, die in der Regel auf strukturierte Daten im Markup von Webseiten zurückgreifen, um grafische Elemente oder interaktive Inhalte anzuzeigen. Im EWR kommen neue Rich-Ergebnisanzeigen in Form von Karussells für die Themen Reise, Einkaufen und Lokales.

Außerdem erhält die Suchmaschine im EWR neue Aggregator-Einheiten, die Links zu Aggregator-Webseiten bieten. Dies betrifft Webseiten zu Orten, Portale zum Vergleich von Flugverbindungen, Webseiten mit Arbeitsplatzinseraten, und Produktwebseiten. In diese Aggregator-Einheiten baut Google sogenannte Chips ein, die dabei helfen sollen, Anfragen zu präzisieren und so die Suchergebnisse einzuschränken. Google Flights fliegt aus den Suchergebnissen und wird durch eine neue Oberfläche für Flugabfragen ersetzt; darunter platziert das Unternehmen eine neue Einheit, die zu Webseiten von Fluggesellschaften führen soll.

"Eine Reihe der neuen Regeln bringt schwierige Zielkonflikte mit sich, was sich auf Menschen und Unternehmen, die unsere Produkte nutzen, auswirken wird", sagt der bei Google für Wettbewerbsangelegenheiten zuständige Oliver Bethell, "Zum Beispiel könnten Änderungen bei unseren Suchergebnissen mehr Traffic zu großen Vermittlern und Aggregatoren schicken, und weniger Traffic direkt zu Anbietern wie Hotels, Fluggesellschaften, Händlern und Restaurants." Zudem würden manche Funktionen für Verbraucher nicht mehr in der gewohnten Weise zur Verfügung stehen.

Diese Auswirkungen sind plausibel: Wenn Google seltener der Gatekeeper sein soll, der entscheidet, welche Angebote in den Suchergebnissen prominent aufscheinen, müssen verstärkt andere Vermittlerseiten die Suchergebnisse füllen. Schließlich passen nicht alle möglichen Angebote auf Seite 1 der Suchergebnisse. Diese Änderung ist gut für Zwischenhändler, aber schlecht für jene Unternehmen, die bislang bei ihrer Search Engine Optimization (SEO) besonders erfolgreich waren.

Bei Android-Geräten ist es bereits jetzt möglich, den Standardbrowser und die Standardsuchmaschine einzustellen. Nun soll Android häufiger mit Einblendungen auf die Auswahlmöglichkeiten hinweisen. Dies betrifft außerdem den Chrome-Browser auf Desktop-Systemen sowie iPhones. Im Unterschied zu Apple bei seinen iPhones hat Google bei Android schon bisher die Installation von Anwendungen erlaubt, die nicht aus dem offiziellen App-Store kommen. Zudem können sowohl User als auch Gerätehersteller alternative App-Stores installieren. Mit Android Version 14 hat Google laut Bethell die Unterstützung für alternative App-Stores sowie darüber ausgespielte Updates verbessert.

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Ab Mittwoch dürfen Android-Anwendungen ihre User gezielt zu Webseiten leiten, auch um Angebote außerhalb des Google-Systems (und damit abseits von Google-Kontrolle) zu unterbreiten. Dies kann Google natürlich nur für Apps umsetzen, die über Googles App-Store Play verbreitet werden. Die Vorschriften für Apps aus anderen Stores erlassen die jeweiligen Store-Betreiber.

Was die Abrechnung für und in Android-Apps anbelangt, hat Google den Play-Zwang bereits in den letzten Jahren etwas gelockert. Viele Apps können auf alternative Abrechnungssysteme hinweisen oder überhaupt nur ein hauseigenes Bezahlsystem zur Verfügung stellen und Google Play ausschließen. Spiele waren allerdings ausgenommen; der DMA erzwingt die Wahlmöglichkeit auch für Spiele-Apps.

Für Online-Werbung verspricht Google neue Einblicke: Sowohl Googles Werbekunden als auch die Betreiber jener Webseiten und Apps, die ihre Reklameplätze über Google feilbieten, sollen "einige zusätzliche Daten" erhalten. heise online hat Google um Auskunft ersucht, was das konkret bedeutet. Der Datenkonzern verspricht jedenfalls, dass die zusätzlichen Daten weder die Privatsphäre der User noch die Betriebsgeheimnisse der Werbetreibenden beeinträchtigen werden.

Update

Zu den neu verfügbaren Daten zählt laut Google ein täglicher Preistransparanzbericht, der Umsatz und Gebühren für jedes einzelne bezahlte Werbeereignis enthält. Agiert Google sowohl im Auftrag des Werbetreibenden (Demand Side Platform, DSP) als auch im Auftrag des Betreibers der Webseite oder App (Supply Side Platform, SSP), stellt es granulare Daten über Google-Gebühren für die gesamte Transaktionskette bereit – sofern der jeweils andere Kunde dem zugestimmt hat.

Bei Google Ads wird das Reporting für einzelne Klicks auf Online-Werbung detaillierter. Ähnlich wird Display & Video 360 Dateien mit genauen Daten über Werbung auf Youtube bereitstellen. Werbetreibende können außerdem den Ads Data Hub gebührenfrei nutzen, um weitere Einblicke zu nehmen. Umgekehrt gibt es für Betreiber von Webseiten und Apps, die ihre Werbeflächen über Google feilbieten, im Ad Manager eine neue Datenquelle namens Regional Data Access. Dort verfügbare Dateien enthalten Angaben für jedes einzelne bezahlte Werbeereignis.

Schon seit Jahren erlaubt Google Usern, ihre Daten von Google-Diensten herunterzuladen. Dieser Datenexport verhalf aber nur selten dazu, die eigenen Datenschätze zu konkurrierenden oder komplementären Diensten zu übertragen. Eine neue Schnittstelle (API) soll genau das noch diese Woche erleichtern. Genau wie die übrigen Neuerungen gilt das aber nur im EWR.

Ein klein wenig Verwirrung stiftet ein Eintrag in Googles Hilfe, der erklärt, wie europäische User einstellen können, welche Daten (nicht) zwischen verschiedenen Google-Diensten geteilt werden sollen. Laut Text findet sich dieses neue Datenschutz-Feature nur in den Einstellungen von Usern mit EU-Google-Konto. heise online hat Google gefragt, wie sich das für Nutzer in den anderen EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein unterscheidet.

Update

Das neue Datenschutz-Feature zur Abschottung personenbezogener Datenbestände zwischen einzelnen Google-Angeboten wird im gesamte EWR zur Verfügung stehen, hat Google heise online versichert. Die Angabe in der Google-Hilfe, wonach das nur in der EU möglich sei, ist demnach unzutreffend.

(ds)