Google stoppt Werbezahlungen nach Russland

Seit Russlands Überfall auf die Ukraine vermittelt Google in Russland keine Werbung mehr. Erst jetzt endet der internationale Adsense-Dienst für Russen.​

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Grenzbalken mit Stoppschild, darüber die Fahne der Russischen Föderation

(Bild: Novikov Aleksey/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Einmal zahlt Google Adsense noch Guthaben an Einwohner der Russischen Föderation aus, dann ist Schluss. Das hat Google seinen Partnern in dem Land mitgeteilt, die mit ihren Online-Inhalten, darunter auch Youtube-Videos, bislang durch Adsense Geld verdient haben. Hintergrund ist, dass die Russische Föderation ihren Angriffskrieg auf die Ukraine fortsetzt.

Nach dem russischen Überfall vom 24. Februar 2022 hat Google Geld- und Sachspenden in die Ukraine geschickt. Kurz darauf stellte Google auch die Vermittlung jeglicher Online-Werbung in Russland sowie für russische Werbetreibende weltweit ein. Das reduzierte die Ausschüttungen des Adsense-Programms in dem flächenmäßig größten Land der Welt auf einen Bruchteil. Adsense verbindet Anbieter von Online-Inhalten automatisiert mit Werbetreibenden, die rund um thematisch passende Inhalte Anzeigen schalten möchten. Einen Teil des Geldes, das die Werbetreibenden an Google bezahlen, reicht der Datenkonzern an die Anbieter weiter.

Ohne Werbung gibt es diese Geldquelle natürlich nicht. Ganz versiegte der Geldstrom an russische Teilnehmer allerdings nicht, denn deren Online-Angebote werden bisweilen auch im Ausland abgerufen. Und für vor März 2022 eingerichtete russische Adsense-User vermittelte Google nach wie vor Reklame nicht-russischer Werbetreibende, die außerhalb des Landes eingeblendet wurde – bis jetzt. Liegt das von Russen verdiente Guthaben über der Auszahlungsschwelle, soll es im Zeitraum 21. bis 26. August ausgezahlt werden. Etwaige Restguthaben sollen binnen 60 Tagen danach angewiesen werden (sofern das jeweilige Adsense-Konto nicht wegen Verstößen gegen die Vertragsbedingungen stillgelegt ist). Danach ist Schluss. Neue Adsense-Konten durften Russen schon seit März 2022 nicht mehr einrichten.

Russische Medien beschuldigen Google, Russen zu quälen, indem es den Geldhahn zudreht. Als weitere "Beweise" für die angebliche Russenfeindlichkeit dient der Bankrott der russischen Google-Tochter im Herbst 2023. Was die Berichte nicht dazusagen: Eine russische Behörde hat damals alle Bankkonten der Firma in Russland beschlagnahmt, weshalb sie nicht mehr in der Lage war, Mitarbeiter und Rechnungen zu bezahlen. Damit war das Unternehmen konkursreif.

Seit etwa einem Monat sind Youtube und andere Google-Dienst in weiten Teilen Russlands deutlich langsamer geworden – auch dafür wird vorrangig Google die Schuld gegeben. Vor allem regionale Netzbetreiber erleben seither eine Kundenflucht; die russischen Netizens wechseln zu größeren Anbietern, in der Hoffnung auf bessere Youtube- und Google-Anbindung. Speziell Youtube ist in Russland ausnehmend populär; laut similarweb.com stellt Russland nach den USA den größten Anteil am globalen Youtube-Traffic, noch vor dem bevölkerungsreichsten Land Indien.

Warum genau Youtube und Google so langsam geworden sind, bleibt bislang undeutlich. Bekannt ist, dass die russische Zensurbehörde den russischen Netzbetreibern aufgetragen hat, alle Cache-Server Googles zu melden. Diese Server stehen gemeinhin bei Netzbetreiber und halten die wichtigsten Datenbestände Youtube und Googles vor, möglichst nahe an den Endusern. Die Erfassung könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Server beschlagnahmt werden, womöglich im Rahmen des Konkursverfahrens. Der Staat hat Youtube dafür bestraft, dass es Desinformationskanäle gelöscht hat, und möchte die Strafen eintreiben.

Vielleicht werden die Cache-Server aber auch nur speziell überwacht oder es werden Filterrouter vorgeschaltet. Diese verlangsamen den Datenstrom. Bislang war ein großer Vorteil der Cache-Server in Russland der, dass sie näher an den russischen Nutzern standen als die staatlichen Filter, und damit die Videos ungleich schneller liefern konnten, als es über die internationalen, gefilterten Verbindungen möglich ist. Laut der Tageszeitung Kommersant hat sich ein Branchenverband von knapp 200 regionalen Netzbetreibern brieflich an die Zensurbehörde gewandt, mit der Bitte, doch die Gründe für den Leistungsabfall zu erläutern. Ein in der selben Zeitung veröffentlichter Kommentar hält fest: "Es ist offensichtlich, dass die Einschränkung des Zugangs zu Youtube auf Aufforderung der Behörden erfolgt".

All das bedeutet nicht, dass das russische Internet werbefrei wäre. Einerseits gibt es Werbevermittler, die in Russland weiter Geschäfte machen, andererseits bauen insbesondere Videouploader werbliche Maßnahmen direkt in ihre Videos ein.

(ds)