Gorillas: Lebensmittel-Lieferdienst entlässt Streikende​

Der Streit zwischen Arbeitnehmern und dem Management des Lieferdienstes geht in die nächste Runde: Nun hat das Unternehmen streikenden Gorillas gekündigt.

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Ein Fahrradkurier liefert in Berlin Lebensmittel für den Lieferdienst Gorillas aus.

Ein Gorilla "Rider" in Berlin.

(Bild: Timeckert/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
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Der Arbeitskampf beim Berliner Lieferdienst Gorillas eskaliert. Nachdem es in den vergangenen Tagen erneut zu Streikaktionen der Belegschaft gekommen war, hat das Unternehmen den Beteiligten gekündigt. Laut Arbeitnehmervertretern sollen nahezu alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den bestreikten Standorten fristlos gekündigt worden sein. Das Unternehmen bestätigt die Kündigungen, geht aber auf Einzelheiten nicht ein. Am Mittwoch war es erneut zu Protestaktionen vor dem Gorillas-Hauptquartier in Berlin gekommen.

Laut dem Gorillas Worker Collective (GWC), das die Protestaktionen organisiert, wurden an den Berliner Standorten Bergmannkiez, Gesundbrunnen und Schöneberg alle Streikteilnehmer fristlos gekündigt und das zum Teil telefonisch. Die Arbeitnehmervertreter sprechen von mindestens 50 Entlassungen, in Medienberichten ist von 30 die Rede. Insider rechnen aber mit weiteren Kündigungen. Die Streikenden fordern bessere Arbeitsbedingungen und Verträge, sie kritisieren willkürliche Entscheidungen des Managements und hohe Arbeitsbelastung.

"Solche unangekündigten und nicht gewerkschaftlich getragenen Streiks sind rechtlich unzulässig", erklärte ein Sprecher gegenüber heise online. "Nach intensiver Abwägung sehen wir uns gezwungen, diesen rechtlichen Rahmen nun durchzusetzen. Das bedeutet, dass wir das Arbeitsverhältnis mit denjenigen MitarbeiterInnen beenden, die sich aktiv an den nicht genehmigten Streiks und Blockaden beteiligt, den Betrieb durch ihr Verhalten behindert und ihre KollegInnen damit gefährdet haben."

Streiks als Mittel des Arbeitskampfes sind in Deutschland rechtlich klar geregelt. Die Gewerkschaften dürfen unter bestimmten Bedingungen zum Streik aufrufen. Sogenannte "wilde Streiks" ohne gewerkschaftliche Legitimation sind nicht erlaubt. Gewerkschaftsvertreter stehen den Streikenden zwar beratend zur Seite, aber gewerkschaftlich organisiert sind die wenigstens Gorillas. "Wären die Streikenden in der Gewerkschaft, hätten sie jetzt nicht das Problem mit der Kündigung", sagte ein ver.di-Sprecher der Tagesschau.

Damit wird der Arbeitskampf bei Gorillas wohl erneut vor Gericht gehen. Einige der Betroffenen wollen Kündigungsschutzklage erheben, teilte das Gorillas Worker Collective gegenüber heise online mit. Während die Rechtslage bezüglich der wilden Streiks klar ist und damit die Kündigungen zunächst begründet erscheinen, wird es vor Gericht wohl auch um Formfragen gehen – etwa ob eine eventuell telefonisch ausgesprochene Kündigung rechtsgültig ist.

Vor dem Berliner Arbeitsgericht hatten bereits einige Gorillas dagegen geklagt, dass ihre auf ein Jahr befristeten Verträge nicht verlängert werden sollten. Darunter sind auch Mitarbeiter, die einen Betriebsrat gründen wollen. Bei den Gorillas hängt der Haussegen schon seit Monaten schief: Bei den Vorbereitungen einer Betriebsratswahl war es im Sommer zu Konflikten mit dem Management gekommen, dem die Streikenden die Behinderung der Betriebsratsgründung vorwerfen.

Gorillas wurde 2020 gegründet und gilt als eines der heißesten deutschen Startups. Der Lebensmittelbereich ist ein Milliardenmarkt, von dem neben den großen Ketten auch Lieferdienste wie Gorillas oder Flink ein Stück abhaben möchten. In einer Finanzierungsrunde Anfang des Jahres hat Gorillas 240 Millionen Euro von Investoren eingesammelt und wird als sogenanntes "Einhorn" mit rund einer Milliarde Euro bewertet. Viele der Mitarbeiter des Startups haben einen Migrationshintergrund, es wird Englisch gesprochen.

Das Geschäftsmodell von Gorillas ist die hyperlokale Lebensmittellieferung. In nur zehn Minuten will das Startup die Dinge des täglichen Bedarfs an die Haustür liefern. Dafür betreibt das Unternehmen zahlreiche kleine Lager im Stadtgebiet, von denen aus die Fahrradkuriere die Bestellungen ausliefern – und die nicht selten für Ärger in der Nachbarschaft sorgen. Das Unternehmen expandiert stark und ist in zahlreichen deutschen Städten sowie in Frankreich, Italien, den Niederlanden und Großbritannien unterwegs.

Das Unternehmen weist die Vorwürfe der Streikenden zurück. "Wir suchen immer den konstruktiven Dialog mit unseren Ridern und haben auf der Grundlage ihres Feedbacks bereits viele Verbesserungsvorschläge umgesetzt", erklärt ein Sprecher und verweist auf die bisher ergriffenen Maßnahmen. "Um ein positives Arbeitsumfeld zu sichern, von dem alle profitieren, haben wir beschlossen, weitere zentrale Änderungen umzusetzen. Dazu gehörten unter anderem ein neues Bonussystem, die Überarbeitung der Schichtplanung, neue Ausrüstung und noch mehr Rider, um die Lastspitzen auszugleichen.

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