Größter Pharmahändler Europas schluckt Internet-Apotheke DocMorris

Die Stuttgarter Celesio AG erwirtschaftet den Großteil ihres Umsatzes von mehr als 21 Milliarden Euro im Pharmagroßhandel. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen 2100 Apotheken in sieben europäischen Ländern.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Der mit einem Jahresumsatz von 21,6 Milliarden Euro (2006) größte Pharmahändler Europas, Celesio, übernimmt 90 Prozent der Anteile an der Versandapotheke DocMorris. Verkäufer sind die Venture-Capital-Gesellschaften Neuhaus Partners, 3i und HgCapital. Die restlichen 10 Prozent verbleiben beim Management von DocMorris, das auch weiterhin die Geschäfte führen soll. "Mit dem größten Pharmahändler Europas an der Seite können wir unseren Weg konsequent weitergehen", erläuterte der Mitgründer und Vorstand von DocMorris, Ralf Däinghaus. In den kommenden drei bis fünf Jahren wolle man insgesamt 500 Apotheken als Kooperationspartner gewinnen. Bislang hat das Unternehmen mit Sitz im niederländischen Heerlen rund 20 Apotheken aus sieben Bundesländern in sein neues Franchising-Konzept einbinden können.

Die bereits 1835 gegründete Celesio AG (früher Gehe) erwirtschaftet den Großteil (16,9 Milliarden Euro) ihres Umsatzes im Pharmagroßhandel und ist in 16 Ländern aktiv. Darüber hinaus betreibt das Unternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart 2100 Apotheken in Großbritannien, Norwegen, Italien, den Niederlanden, Irland, Belgien und Tschechien. Der Kauf von DocMorris sei für Celesio mit Blick auf die erwartete Liberalisierung des deutschen Apothekenmarktes durch den Europäischen Gerichtshof ein logischer Schritt, teilte das Unternehmen am heutigen Donnerstag mit. "Wir setzen damit ein klares Zeichen gegen Discount-Anbieter und apothekenferne in- und ausländische Interessenten", erklärte der Vorstandsvorsitzende von Celesio, Fritz Oesterle.

Den Anstoß zur Überprüfung der Gültigkeit des deutschen Apothekengesetzes hatte DocMorris gegeben: Im vergangenen Jahr übernahm das zunächst auf Versandhandel spezialisierte Unternehmen mit Genehmigung des saarländischen Gesundheitsministers eine Apotheke in Saarbrücken. Das Verwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis gewährte später aber drei Saarbrücker Apothekern vorläufigen Rechtsschutz und ordnete eine Schließung der Filiale an. Die Kläger hatten angeführt, dass eine Apotheke nach deutschem Apothekenrecht nur von einer natürlichen Person und nicht von einer Kapitalgesellschaft wie im Fall DocMorris geführt werden dürfe. Eine endgültige Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht allerdings noch aus.

DocMorris änderte daraufhin die Strategie und setzt seither auf ein Franchising-Konzept: Die so genannten "Markenpartner-Apotheken" tragen zwar den DocMorris-Namen, bleiben aber im Eigentum der bisherigen Apotheker und werden auch von diesen geführt. Den lukrativen Markt des Pharma-Einzelhandels haben unterdessen auch andere Konzerne im Visier. So sucht der Drogerie-Discounter Schlecker laut Handelsblatt bereits Apotheker für den Aufbau einer eigenen Pharma-Vertriebsstruktur in Europa. Celsio-Chef Oesterle geht davon aus, dass es zu einem "gnadenlosen Verdrängungswettbewerb" kommen wird, sollte der Europäische Gerichtshof wie erwartet das deutsche Apothekenrecht kippen. (pmz)