Großbritannien: Staat nutzt Tracking-Techniken für Verhaltensbeeinflussung

Mit Techniken der Online-Werbeindustrie suchen britische Behörden, Menschen zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Das sei zwiespältig, warnt ein Forschungsteam.

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(Bild: Motortion Films/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die Regierung und lokale Behörden in Großbritannien setzen zunehmen auf Techniken der Online-Werbeindustrie, um das Verhalten von Menschen zu beeinflussen. Das hat eine Gruppe von Forscherinnen und Forschern in Schottland im Rahmen einer ausführlichen Analyse herausgefunden und analysiert. Dabei gehe es um vergleichsweise ernste Themen wie die Prävention von Cybercrime, aber auch simple Warnhinweise zum Brandschutz, erläutert das Team nun. Das Vorgehen habe einige deutliche Vorteile, gestehen sie ein. Es gebe aber auch beunruhigende Aspekte, weswegen die Maßnahmen mit großer Rücksicht und erst nach öffentlichen Debatten umgesetzt werden dürften.

Die von Strafverfolgern und staatliche Behörden im Vereinigten Königreich setzen auf Plattformen, Techniken und Personen (Influencer), mit denen sonst Marketing-Firmen für Konsum werben würden, erläutert das Team des Schottischen Zentrums für Kriminalitäts- und Justizforschung (SCCJR). Den staatlichen Stellen gehe es aber um die Verhinderung von Verbrechen, sowie Gesundheits- und Sozialpolitik. Die etablierten Techniken der Online-Werbeindustrie seien dann dank der vielen Daten und großen Kapazitäten für Kampagnen verknüpft worden. Experimente dazu gebe es in verschiedenen Behörden und Einrichtungen, sowohl auf nationaler als auch lokaler Ebene. Eine Schwierigkeit sei, dass die Kampagnen abseits der Öffentlichkeit durchgeführt würden.

Die aufgeführten Beispiele zeigen große Bandbreite: So seien im Zuge einer Kampagne sechs Monate lang Jugendliche im Alter von 14 bis 20 Jahren mit einem Interesse an Gaming mit Onlinewerbung gezielt angesprochen worden, wenn sie auf Google nach bestimmten Cybercrime-Angeboten gesucht hätten. So sei etwa darauf hingewiesen worden, dass die gesuchten Dienste illegal seien. Tatsächlich habe sich der eigentlich massive Anstieg der Anzahl von DDoS-Attacken in der Zeit abgeschwächt. Am anderen Ende des Spektrums steht demnach eine Kampagne, bei der Menschen nach dem Kauf von Kerzen über ihre Smart Speaker Werbung mit Brandschutzhinweisen vorgespielt bekommen hätten.

Insgesamt habe man Beispiele für gut durchdachte Kampagnen gefunden, die unter Einbeziehung der angesprochenen Gruppen entwickelt worden seien. Andere seien dagegen viel invasiver und beunruhigender, erläutert Ben Collier aus dem Forschungsteam. Manche könnten sogar das Gegenteil des eigentlichen Ziels erreichen, beispielsweise wenn man im Internet von Warnungen vor Messer-Kriminalität verfolgt werde und deswegen geneigter ist, selbst ein Messer mitzunehmen. Die Operationen gingen jedenfalls eindeutig über bloßes Medien-Management hinaus und müssten genauso gründlich und transparent durchgeführt werden, wie andere politische Maßnahmen. Eine Reihe ethischer und juristischer Fragen seien noch unbeantwortet.

(mho)