Großer Freiraum für Mobilfunk-Betreiber: Neuer Anlauf für Minderungsrecht
Die Bundesnetzagentur hält daran fest: Bis zu 90 Prozent weniger Geschwindigkeit soll im Mobilfunk statthaft sein, bevor eine Kundenentschädigung fällig ist.
Nach knapp zwei Jahren Beratung über Eckpunkte hat die Bundesnetzagentur am Mittwoch den Entwurf für eine Allgemeinverfügung zu den geplanten Minderungsregelungen für Mobilfunk-Internetzugänge zur Konsultation gestellt. Laut der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) von 2021 haben Verbraucher das Recht, die Monatszahlung zu senken, wenn die Internetleistung geringer ausfällt als vertraglich zugesichert. Fürs Festnetz stellte die Regulierungsbehörde dafür Ende 2021 Regeln auf. Nun soll es mit den Vorgaben für Entschädigungen auch bei zu wenig Speed im Mobilfunk konkret werden.
An den zentralen Werten aus den Eckpunkten hält die Bundesnetzagentur fest. Prinzipiell sollen Abschläge für die Bestimmung einer relevanten Abweichung von der vertraglich vereinbarten Leistung zugrunde gelegt werden. In städtischen Bereichen könnte laut dem neuen Entwurf (PDF) demnach ein Minus von bis zu 75 Prozent von der eigentlich versprochenen maximalen Geschwindigkeit im Down- und Upload tolerabel sein, bevor eine Ausgleichszahlung für die betroffenen Verbraucher fällig würde. In halbstädtischen Gegenden dürfte die Abweichung 85, in ländlichen Gebieten 90 Prozent betragen.
Die Bundesnetzagentur begründet diese vorgesehenen "differenzierten Abschläge" nach wie vor damit, eine Minderleistung im Mobilfunk nachzuweisen sei deutlich komplexer als im Festnetz, weil ein Vertrag nicht an einem festen Standort erfüllt werde. Entscheidend ist also, wie leistungsfähig die Netze der Anbieter in den einzelnen Regionen sind. "Zudem ist der Mobilfunk ein sogenanntes Shared Medium, bei dem sich die Nutzer die vor Ort verfügbare Leistung teilen", schreibt die Behörde.
Trotz großer Abschläge hohe Bandbreiten als Messlatte
Die städtischen und ländlichen Regionen sollen in 300-Meter-Rastern eingeteilt werden, um den lokalen Gegebenheiten gerecht zu werden und den Netzausbau bestmöglich abzubilden. Angesichts der oft vereinbarten maximalen Geschwindigkeiten von mehreren Hundert MBit/s ergeben sich laut dem Regulierer auch bei den geplanten Abschlägen zugunsten der Netzbetreiber für die meisten Verbraucher noch "hohe Datenübertragungsraten".
Wie im Festnetz sollen 30 Messungen notwendig sein, um eine Minderung nachweisen zu können, heißt es in einem ergänzenden Entwurf einer Handreichung. Die Messungen sollen sich im Mobilfunk auf fünf Kalendertage zu je sechs Messungen pro Kalendertag erstrecken. Die Geschwindigkeit weicht dann erheblich ab, wenn an mindestens drei von fünf Messtagen jeweils einmal die um die geplanten Abschläge verringerte vertraglich angegebene geschätzte maximale Bandbreite nicht erreicht wird.
Alle interessierten Kreise können bis zum 12. Juli schriftlich Stellung nehmen. Parallel zur Finalisierung der Vorgaben arbeitet die Behörde nach eigenen Angaben weiter an einem Mobilfunk-Messtool für den Nachweis einer Minderleistung. Damit sollen Verbraucher prüfen und belegen können, ob die Qualität im Mobilfunk der vertraglich vereinbarten tatsächlich entspricht.
(anw)