Grün statt rot: Starke Sonnenstürme können Eisenbahnsignale umschalten
Starke Sonnenstürme könnten in Eisenbahnanlagen Ströme induzieren und unter Umständen sogar rote Signale auf Grün schalten. Das haben Forscher jetzt ermittelt.
Starke Sonnenstürme können unter Umständen dafür sorgen, dass Signalanlagen an Zugstrecken von Rot auf Grün und sogar noch leichter von Grün auf Rot umspringen. Das hat ein Forschungsteam um Cameron Patterson von der Universität Lancaster beispielhaft für zwei Zugstrecken in Großbritannien ermittelt. Während der fehlerhafte Wechsel auf Rot potenziell weniger gefährlich ist, könnte eine falsche Aktivierung des grünen Signales gefährliche Folgen haben, schreiben sie. Auslösen könnte die Sonne so etwas lokal begrenzt und unter den richtigen Umständen ungefähr einmal alle zehn bis 20 Jahre. Stärkere Sonnenstürme, die etwa einmal pro Jahrhundert auftreten, könnten dagegen massenhaft dafür sorgen, dass die Signale auf Grün springen, und das sogar gleichzeitig in mehreren Richtungen.
Extrem selten, aber gefährlich
Untersucht hat die Gruppe die Situation an zwei Streckenabschnitten in Großbritannien, eine in Nord-Süd-Richtung in Westengland, eine in West-Ost-Richtung in Schottland. Ermittelt haben sie für beide, dass Sonnenstürme unter bestimmten Bedingungen dafür sorgen können, dass Streckenabschnitte als leer ausgewiesen werden, obwohl dort noch ein Zug unterwegs ist. Verantwortlich sind demnach die von der Sonnenaktivität ausgelösten geomagnetischen Störungen, die elektrische Ströme in den Schienen induzieren können. Vor allem, wenn ein Zug sich an einem Ende eines solchen Streckenabschnitts befindet, könnten die dafür sorgen, dass ein Signal fälschlich auf Grün schaltet.
Das Risiko sei vorhanden, auch wenn solche Ereignisse selten sind, meint das Team. Die Gefahr müsse deshalb ernst genommen werden. Andere Branchen würden sich bereits auf die Gefahren durch Sonnenstürme vorbereiten und die Eisenbahn sollte das ebenfalls tun. Vorstellbar wäre etwa, dass bei Warnungen vor extremen Weltraumwetter künftig auch der Zugbetrieb eingeschränkt wird, meinen die Forscher – so wie es bereits abhängig vom Wetterbericht passiert. Dass extreme Sonnenstürme Signalanlagen von Eisenbahnen stören können, ist bereits seit mehr als 100 Jahren bekannt. Im 19. Jahrhundert gab es gleich mehrere Fälle. Seit Jahrzehnten ist unser Stern aber vergleichsweise inaktiv.
Die jetzt im Fachmagazin Space Weather vorgestellte Studie zeigt einmal mehr, dass Sonnenstürmen und ihren Folgen mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Weil sich die stärksten bislang vermessenen Stürme Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ereignet haben, war lange unklar, welche Folgen ein solches Ereignis für die viel stärker technisierte Welt heute haben würde. 2021 hat eine US-Forscherin gewarnt, dass eine besonders starke Sonneneruption dramatische Folgen für die Internetinfrastruktur auf der Welt haben und eine "Internet-Apokalypse" auslösen könnte. Sie hat gefordert, die Gefahren beim weiteren Ausbau der Internetnetze stärker einzuplanen.
(mho)