HP-Chef wusste von Schnüffeleien - aber nicht so genau

HP-Chef Mark Hurd räumt persönliche Versäumnisse ein. Trotzdem übernimmt er nun das Ruder auch im Aufsichtsrat (Board of Directors) und will in der Bespitzelungsaffäre um angebliche "Maulwürfe" im Aufsichtsrat reinen Tisch machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Erich Bonnert

In einer am Freitagnachmittag anberaumten Pressekonferenz verlas HP-Chef Hurd eine Erklärung zu einer internen Untersuchung der Überwachungsaffäre um mehrere Mitarbeiter, den Aufsichtsrat und mehrere US-Journalisten. Der Schnüffelskandal bei Hewlett-Packard hat die Aufsichtsratsvorsitzende Patricia Dunn ihren Posten gekostet. Sie trat am Freitag von allen Ämtern in HPs Board of Directors zurück. Zuvor hatte sie lediglich die Absicht, den Vorsitz im Januar abzugeben und Board-Mitglied zu bleiben. Mark Hurd wird nun Vorsitzender des Aufsichtsgremiums.

Der HP-Chef erklärte, er habe seit Mitte 2005 davon gewusst, dass HP Untersuchungen anstellte, um herauszufinden, wer vertrauliche Informationen aus Board-Sitzungen unbefugt an die Presse weitergeleitet habe. Das Ziel dieser Investigation bezeichnete Hurd als angemessen und im Unternehmensinteresse als erforderlich. Über einige der Methoden und das unethische Verhalten einiger Akteure sei er jedoch tief bestürzt. Sie seien definitiv nicht mit dem Selbstverständnis von HP vereinbar. Bei den genannten Aktionen handelt es sich speziell um das Ausspähen von Telefonverbindungsdaten von Mitarbeitern, Board-Mitgliedern und Journalisten, die Vortäuschung falscher Identitäten zur Erlangung der Telefondaten sowie um das Aussenden und Zurückverfolgen von gefälschten E-Mails.

Im Februar 2006 stimmte Hurd nach eigenen Angaben zu, eine gezielte "Lockvogel"-E-Mail mit falschen Inhalt und gefälschtem Absender an bestimmte Journalisten zu verschicken. Im darauffolgenden Monat wurde er über zusammenfassende Ergebnisse der gesamten Investigation mündlich unterrichtet und erfuhr, dass die undichte Stelle im Unternehmen gefunden wurde. Er habe dazu auch einen schriftlichen Bericht erhalten, aber nicht gelesen, erklärte Hurd. "Ich hätte ihn lesen können und auch sollen", sprach der HP-Vorstand in die Kameras. Fragen beantwortete Hurd in seinem ersten öffentlichen Auftritt seit Bekanntwerden des Schnüffelskandals nicht.

Er ließ somit auch offen, wieviel er von der Weitergabe persönlicher Daten an externe private Ermittler gewusst hat. Die von Hurd beauftragte Anwaltsfirma stellte bei der Sichtung von Unterlagen und E-Mails fest, dass HPs eigene Sicherheitsbeauftraten beispielsweise Sozialversicherungsnummern von Mitarbeitern und Board-Mitgliedern ohne deren Wissen an Privatdetektive weitergab. Diese wurden dazu verwendet, sich bei Telefonfirmen falsch auszuweisen und an Telefondaten der Betreffenden zu gelangen. Noch ist nicht ungeklärt, ob Hurd dies gebilligt hat. Ebenso unklar ist, wie die von HP beauftragen Spione an die Sozialversicherungsnummern der beteiligten Journalisten gelangen konnten.

Alle Fakten werden wohl nicht restlos aufzuklären sein, so resümierte Hurd, da viele Prozesse sich außerhalb des Unternehmens abgespielt haben. Er will aber alles dazu beitragen, den Fall so gründlich wie möglich aufzurollen. Der HP-Chef hat sich bereit erklärt, nächste Woche in einer Anhörung des US-Kongress über die Vorfälle bei HP auszusagen.

Siehe dazu auch:

(Erich Bonnert) / (jo)