Händler fürchten Apples Retail-Vorstoß

Im Dezember eröffnet der erste eigene Laden des Computerkonzerns in München - und dürfte den Druck auf unabhängige Verkäufer erhöhen.

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Nach Jahren der Ungewissheit, ob Apple mit seiner eigenen Handelskette auch nach Deutschland kommt, ist es nun sehr bald soweit: In München wird voraussichtlich am 10. Dezember der erste eigene "Retail Store" des Computer- und Unterhaltungselektronikkonzerns hierzulande seine Tore öffnen. Der zweistöckige "Flagship"-Laden dürfte nicht der einzige bleiben. Apple sondiert Insidern zufolge bereits gute Lagen in Frankfurt, Hamburg und Berlin, um das Verkaufsstellennetz auszudehnen; wann es mit dem Ausbau weitergeht, ist jedoch noch völlig unklar.

In den USA gibt es kaum einen Großraum mehr, in dem es keinen eigenen Apple-Laden mehr gibt: 197 Retail Stores sind in 41 Bundesstaaten vertreten, begonnen wurde der Aufbau der Ladenkette bereits im Mai 2001. Im Ausland ist man unter anderem in Kanada, Japan, China und Australien mit einzelnen Filialen vor Ort. Brückenkopf in Europa ist wiederum Großbritannien, wo 20 Läden in England, Schottland und Nordirland entstanden sind, auf dem Festland waren Stores in Italien und der Schweiz die ersten.

Die deutsche Händlerlandschaft ist über Apples Sprung in den hiesigen Retail-Markt geteilter Meinung und fürchtet nun schlimmstenfalls einen harten Wettbewerb. Archibald Horlitz, Geschäftsführer der größten deutschen Händlerkette für Apple-Produkte, Gravis, sagte dagegen gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, ein Verdrängen der bisherigen Partner sei nicht im Interesse des Konzerns. "Der Apple-Store wird den deutschen Apple-Markt beleben." Davon profitiere auch Gravis, sofern die partnerschaftliche Zusammenarbeit weiter fortgeführt werde, "sprich Fairness in den Punkten Warenverfügbarkeit und Preisgestaltung für die Endkunden". Apple hatte schon in den letzten zwei Jahren die Verfügbarkeit seiner Produkte im Einzelhandel ausgedehnt, so werden Macintosh-Rechner inzwischen auch beim Elektronikmarkt Saturn flächendeckend angeboten.

Sobald Apple ein großes eigenes Geschäftenetz in Deutschland aufbaut, dürfte der Wind jedoch rauer werden. Noch gelten Apples Preise im Vergleich zu einigen größeren Einzelhändlern wie dem E-Commerce-Anbieter Cyberport, der in Berlin und Dresden auch Ladengeschäfte betreibt, als eher teuer. So bezahlt man im Apple-Online-Store, der einzigen offiziellen Apple-Direktverkaufsstelle hier zu Lande, für einen aktuellen iPod touch mit 32 Gigabyte Speicher 379 Euro, während bei Cyberport in Berlin nur 359,80 Euro verlangt werden. Ähnliche Preisunterschiede existieren bei Rechnern wie MacBooks (derzeit 1168 gegen 1199 Euro beim Einstiegsmodell mit 2 GHz).

Apple scheint aber bereit zu sein, es preismäßig mit seinen Retailpartnern aufnehmen zu wollen. So führt man am heutigen Freitag ein eintägiges "Shopping Event" zum amerikanischen Weihnachtseinkaufstag "Black Friday" durch, bei dem der Apple Online Store die oben genannten Beispielpreise erreicht oder sogar unterbietet. Auch an gewöhnlichen Tagen lässt sich sparen: Wer der Hotline des Webshops der Marke mit dem Apfel unter Nennung einer URL den Preis der Konkurrenz mitteilt, hat gute Chancen auf ein so genanntes "Price Matching", bei dem dieser Preis erreicht oder unterboten wird – eine Tatsache, die bei Apple-Händlern bei der Einführung für Ernüchterung sorgte. (Ben Schwan) / (jk)