Halo 3 soll die Xbox 360 aus den roten Zahlen hieven

Laut Microsoft liegen für das ab morgen offiziell in Deutschland startende Xbox-360-Spiel "Halo 3" weltweit 1,25 Millionen Vorbestellungen vor. US-Kritiker stimmen bereits überschwängliche Lobgesänge an. Ein erster Blick auf den gehypten Ego-Shooter.

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Microsofts Marketing-Maschine läuft auf Hochtouren. Nichts wird dem Zufall überlassen. Denn morgen kommt das wichtigste Spiel für bislang noch defizitäre Spielkonsole Xbox 360 auf den Markt. Die ersten beiden Teile von Halo waren die mit Abstand am meisten verkauften Spiele für die Xbox. Von Teil eins wurden laut VGChartz 6,4 Millionen und vom zweiten Teil gar 8,3 Millionen verkauft. Ob "Halo 3" diesen Trend weiter fortsetzt und mehr als 10 Millionen Exemplare absetzt, ist angesichts der weltweit bislang verkauften 11,1 Millionen Xbox-360-Konsolen zwar fraglich, aber keinesfalls unmöglich. Marktbeobachter erwarten, dass sich das Spiel innerhalb des ersten Monats bereits vier Millionen Mal verkaufen wird und den Redmondern einen Umsatz von knapp einer viertel Milliarde US-Dollar beschert.

Halo 3 soll die Xbox 360 aus den roten Zahlen hieven (10 Bilder)

Halo 3 soll die Xbox 360 aus den roten Zahlen hieven

Käufer bei Best Buy in New York: Microsoft inszeniert den Start von Halo 3 für die Medien. (Bild: Microsoft)

An fehlendem Marketing soll es jedenfalls nicht scheitern. Das Spiel startet weltweit nahezu simultan. Auf der Xbox-Seite findet man Bilder von frenetischen Fans, die zum Start in New York die Geschäfte stürmten. Große US-Handelsketten wie Walmart haben in den USA bereits am 25. um Mitternacht mit dem Verkauf begonnen und ob des Ansturms sogar spezielle Kassen eingerichtet, damit Spieler nicht unnötig lange Schlange stehen müssen. Die Universität von Cincinnati erwartet, dass rund ein Viertel der Studenten wegen Halo 3 krankfeiert. Da mag es für die US-Wirtschaft tröstlich sein, das die Solokampagne des Spiels bereits nach rund acht Stunden vorüber sein soll – gut an einem Tag zu schaffen. Auch in Deutschland, wo der Halo-3-Verkauf offiziell zumindest erst am morgigen Mittwoch starten soll, wird ein Media-Markt in Stuttgart mit einem Mitternachtsverkauf beginnen. So viel Hype gibt es sonst nur beim Start neuer Spielkonsolen.

Ersten Tests von US-Online-Magazinen zufolge, kann das Spiel die hohen Erwartungen erfüllen. Microsoft-Aktionäre quittierten dies mit einem Kursgewinn von 43 Cents (entspricht 1,5 Prozent). 100 Millionen Aktien wechselten am Montag den Besitzer, 70 Prozent mehr als durchschnittlich an anderen Tagen. In Deutschland wurde die Presse erst am gestrigen Montag mit Testmustern bestückt. Man fürchtete die vorzeitige Verbreitung von illegalen Kopien, so die offizielle Begründung. Viel genutzt hat es nicht: In Tauschbörsen tauchten erste Kopien bereits am 20. September auf.

Rennen und Schießen

Nach einem ersten Testspiel ist klar, worauf Microsoft bei Halo 3 den Fokus gelegt hat: Fans der Serie sollen genau das bekommen, was sie erwarten. Für Neueinsteiger beginnt das Spiel recht unvermittelt. Der nahezu unverwundbare Super-Soldat "Master Chief" fällt mit einem Kometen auf die Erde und muss dort die Menschheit im Krieg gegen Aliens retten. Was Halo ist und was sich während der ersten beiden Episoden abgespielt hat, bleibt im Dunkeln. Durch den Dschungel geht es schnurstracks auf den ersten Alien-Wachposten zu. Gefangene müssen befreit und die feindliche Luftabwehr in selbige gesprengt werden. Halo 3 ist ein konventioneller linearer Shooter. Die einzige Überlegung, die der Spieler anstellen muss, ist, welche Waffen er vom Boden aufsammelt, um die Gegner möglichst effektvoll zu erschießen.

Bemängelte man beim ersten Teil noch fehlende Variationen im Grafikdesign, so schöpft Halo 3 hier aus dem Vollen und wechselt die Kampfschauplätze gekonnt zwischen Militärbasen, Dschungelcamps, Küstenabschnitten und Raumstationen. Die Feuergefechte wurden bunt inszeniert, überall gibt es Deckungsmöglichkeiten und Energieschilde, hinter denen man dem Feind auflauern kann, was dem Spiel einen guten Rhythmus beschert. Microsoft hatte bei "Halo 2" online das Verhalten der Spieler studiert und konnte so für den dritten Teil den Spielfluss optimieren. So gibt es so gut wie keine Stellen, an denen nichts passiert oder der Spieler nicht weiterkommt.

Technisch weiß die Grafik allerdings weniger zu brillieren. Computergesteuerte Figuren wirken hölzern, aufgrund der fehlenden Mimik und der plumpen Dialoge schafft es Halo 3 nicht, dass der Spieler eine emotionale Bindung zu ihnen aufbaut. In den USA firmiert das Spiel unter dem Motto "Finish the Fight", was unwillkürlich Assoziationen zum Irak-Krieg wachruft und als aufmunternder Zuruf an George W. Bush verstanden werden kann. In Deutschland verzichtet man auf derlei Endsieg-Rhetorik, aber auch hier watet die Spielfigur des Master-Chief knietief im Pathos, wenn etwa verwundete Soldaten neue Hoffnung schöpfen, sobald er den Kampfschauplatz betritt, und melodramatische Geigenklänge seinen Feldzug untermalen.

Sein Hauptaugenmerk richtet Halo 3 auf den Mehrspielerpart. Jedem Exemplar liegt ein 48-Stunden-Schnupper-Gutschein für den kostenpflichtigen Gold-Account des Xbox-Live-Dienstes bei. Erstmals kann man mit bis zu vier Mitspielern auch online die Solokampagne kooperativ nachspielen. Dabei gilt es, im Level Totenköpfe zu entdecken, die neue Funktionen im Spiel freischalten. Ein integrierter Aufzeichnungsmodus filmt das Geschehen. Die Halo-Filme lassen sich über Xbox-Live mit anderen tauschen. In den Mehrspielerleveln kann man die Platzierung der Waffen und Gegenstände verändern, um mehr Abwechslung hineinzubringen.

Microsoft liefert mit Halo 3 offenbar genau das, was sich Fans gewünscht haben. Das Spiel gestaltet sich wie die letzte halbe Stunde des Films "Independence Day": Die Rollen sind verteilt, die Waffen geladen, und jetzt gilt es, den Außerirdischen gehörig in den Arsch zu treten. Den Verkaufserwartungen werden die Redmonder damit gerecht. Kulturell treten solche Videospiele aber vollständig auf der Stelle. (hag)