Heimweg: So schnell verliert man den Versicherungsschutz

Arbeitnehmer sind nur auf dem direkten Weg von und zur Arbeit versichert. Schon der Versuch, von dem üblichen Weg abzuweichen, kann sie den Versicherungsschutz kosten.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Schon die kleinste Abweichung vom direkten Heimweg kann einen Arbeitnehmer den Versicherungsschutz kosten. Das hat das Bundessozialgericht in einem aktuellen Urteil bestätigt (vom 4.7.2013, Az. B 2 U 3/13 R).

In dem Fall war ein Arbeitnehmer mit seinem Auto von der Arbeit in Richtung Zuhause unterwegs. Er sah ein Hinweisschild zu einem Erdbeerverkaufsstand und wollte dort kurz anhalten, um Obst zu kaufen. Dazu versuchte er in das Privatgrundstück einbiegen, auf dem sich der Verkaufsstand befand. Allerdings musste er wegen des Gegenverkehrs abbremsen, sein Wagen kam zum Stillstand. Obwohl es sich um ein übersichtliches und gerades Straßenstück handelte, übersah der nachfolgende Autofahrer das Manöver und fuhr mit seinem Auto auf den stehenden Pkw auf. Der Kläger erlitt dabei eine Stauchung und Zerrung der Halswirbelsäule und war in Folge dessen einige Tage krankgeschrieben.

Obwohl der Mann sich zum Zeitpunkt des Unfalls noch auf der Straße befand, die ihn direkt nach Hause geführt hätte, lehnte die Berufsgenossenschaft die Anerkennung des Ereignisses und seiner Folgen als Arbeitsunfall ab. Begründung: Voraussetzung für die Anerkennung wäre gewesen, dass die Zurücklegung des Wegs im Wesentlichen dazu diene, die Wohnung zu erreichen. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Unfalls zwar noch auf der entsprechenden Straße gewesen, doch seine Handlungen seien darauf ausgerichtet gewesen, an dem Straßenstand Erdbeeren zu kaufen. Er habe also nicht mehr die Heimfahrt im Sinn gehabt, sondern "eigenwirtschaftliche Ziele" verfolgt.

Der Einspruch des Mannes blieb erfolglos, weshalb er gegen die Ablehnung klagte. Das Sozialgericht Reutlingen wies die Klage zunächst ab, die Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte hingegen Erfolg. Die Richter erklärten, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, da der Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung grundsätzlich unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII stehe. Dieser Weg sei nicht durch das bloße Abbremsen bzw. Anhalten unterbrochen worden.

Doch das sahen die Richter am Bundessozialgericht anders und schlossen sich der Argumentation der Berufsgenossenschaft an. Ein Arbeitsunfall komme hier nicht in Frage, weil der Zusammenstoß eben nicht in direktem Zusammenhang mit dem Heimweg stand. Der Kläger selbst habe, indem er sein Fahrzeug zum Stehen brachte, die maßgebliche und unmittelbare Ursache für den Unfall gelegt. Dabei habe er ausschließlich aus einem privatwirtschaftlichen Beweggrund, nämlich abzubiegen, um Erdbeeren einzukaufen, gehandelt. Hierbei habe es sich auch nicht um eine geringfügige, zu vernachlässigende Unterbrechung gehandelt, die eine Fortsetzung des Versicherungsschutzes ausnahmsweise begründet hätte. ()