Linux 5.5 freigegeben: Wireguard-Fundament und Performance-Verbesserungen

Seite 7: Treiber für WLAN, Gaming-Keyboards oder Video-Beschleunigung

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Der Video-Beschleunigungstreiber Cedrus kann jetzt auch HEVC/H.265 über die Hardware dekodieren. Dieser maßgeblich über eine viel beachtete Crowdfunding-Kampagne finanzierte Treiber spricht die Cedar genannte Video Processing Unit (VPU) einiger Allwinner-Prozessoren der Sunxi-Reihe an, die sich auf einer Reihe von populären Einplatinencomputern finden. Allerdings kam nicht genug Geld zusammen, damit die Programmierer auch für Support von H.264-Encoding sorgen. Ungewiss ist, ob der Treiber diese und einige andere noch fehlende Features je lernt, denn die zuständigen Entwickler wenden sich jetzt anderen Projekten zu.

Die Sondertasten der Logitech-Gaming-Tastaturen G15 und G510 funktionieren jetzt (1, 2); wie man diese ausreizt, erläutert der zuständige Entwickler in seinem Blog. Außerdem unterstützt Linux jetzt Touchpads besser, die die Spezifikationen für "Windows Precision Touchpads" einhalten.

Neu dabei ist auch Support für die Netzwerkfunktion, die Intels Tiger-Lake-Prozessoren bieten sollen. Ferner spricht Linux nun auch Realteks Gigabit-Ethernet-Chip RTL8117 an, der auf einigen Mainboards für die neuesten Desktop-CPUs von AMD und Intel sitzt. Einige Anpassungen am WLAN-Treiber für den Reaktek RTL8723BU versprechen dessen Sendegeschwindigket deutlich zu steigern – der Treiber kommt aber dennoch fürs Erste nicht an die TX-Performance heran, die ein anderer, von Realtek selbst gepflegter Treiber erzielt.

Die Audio-Treiber für GeForce-Chips beherrschen die Audio-Übertragung per DisplayPort nun auch, wenn der Datenaustausch mit MST (Multi Stream Transport) erfolgt (1, 2, 3). Über einen neuen Mechanismus können Distributionen jetzt besser festlegen, welcher Audio-Treiber standardmäßig für Intel-Chips genutzt wird, für die es mehrere Treiber gibt. Das ist auch aus Stromsparaspekte wichtig, denn einige Treiber arbeiten effizienter. Die Treiber der Google Embedded Controller und die Audio-Funktion einiger System-on-a-Chip-Prozessoren beherrschen jetzt Wake on Voice (WoV), mit dem sich einige der neueren Chromebooks über Sprachkommandos wie "Ok Google" aufwecken und steuern lassen (u. a. 1, 2, 3).

Linux 5.5 unterstützt jetzt auch die Firmware-TPM-Lösung der Zen+-CPUs von AMD. Diese und andere Optimierungen und Erweiterungen beim Hardware-Support, die dieser Text erwähnt, sind indes nur die Spitze des Eisbergs: Allein durch neue und verbesserte Treiber unterstützt Linux 5.5 über 350 Geräte oder Geräteklassen mehr als sein Vorgänger; bei rund 40 davon handelt es sich um PCI/PCIe-Geräte, wie die Datenbanken der Linux Kernel Driver DataBase (LKDDb) zeigen.

Weitere Änderungen in diesem Bereich nennen die Kommentare der wichtigsten Git-Merges aus den Bereichen Character Devices, Drivers Core, HMM, HID, Input (1, 2), RDMA, Hardware Monitoring, Media, MFD, MMC, Platform, Sound, Staging, Thunderbolt, Thermal, TPMd, USB.

Wo der Linux-Kernel überall wichtig ist und involviert ist, zeigt indes ein simpler Patch im Input-Subsystem, der einen in der Spezifikation für Human Interface Decives (HID) festgelegten Tastencode für einen "Electronic Privacy Screen" Kernel-seitig definiert. Dieser Oberbegriff meint aktive Techniken, die den Bildschirminhalt vor neugierigen Blicken von der Seite schützen sollen. In diese Klasse fällt beispielsweise die seit Linux 5.4 unterstützte PrivacyGuard-Funktion einiger aktueller Thinkpads von Lenovo; HP verbaut in einigen seiner Notebooks eine ähnliche Technik namens SureView.

Durch die Definition des Tastencodes im Kernel können Desktop-Umgebungen nun zuverlässig und Hersteller-übergreifend erkennen, wenn der Anwender die Funktionstaste zum Ein- und Ausschalten der Privacy-Funktion betätigt, und können eine entsprechende Reaktion auslösen. Dadurch müssen Desktop-Umgebungen auch nur diesen einen Keycode lernen, denn falls die Funktionstaste eines Notebooks einen anderen Keycode sendet, kann der Tastaturtreiber das abfangen und stattdessen den jetzt definierten Tastencode an den Desktop schicken.

Die Kernel-Entwickler haben außerdem wieder Dutzende Patches integriert, um bekannte Eigenarten oder Marotten (Quirks) von Hardware so abzufangen, dass Anwender nichts davon mitbekommen und alles wie vorgesehen funktioniert. Eine dieser Anpassungen sollte etwa die Sound-Qualität des Lenovo Carbon X1 der sieben Generation verbessern, wo der Bass-Kanal nicht richtig konfiguriert wurde. Mit dem gab es auch beim Acer 8951G ein Problem, das behoben wurde. Auch die Stumm-LED des HP ProBook 645 G4, der Headset-Anschluss von Xiaomi-Laptops oder die integrierten Lautsprecher des Asus UX431FLC sollten jetzt wie vorgesehen funktionieren. Das waren nur Beispiele aus dem Audio-Bereich, aber es gibt auch Patches, die Marotten von Tastaturen, Ein-/Austastern, PCI-Controllern, Netzwerkchips, USB-Controllern und andere Hardware abfangen. Insgesamt hat Linux 5.5 mehrere Dutzend solcher Sonderbehandlungen gelernt (siehe zur Problematik auch den frei abrufbaren c't-Artikel "Kompatibilitätsprobleme beseitigen und Linux besser machen").