Hintergrund: Microsoft zieht bei der Xbox die Notbremse (Update)

Mit der Preissenkung auf 299 Euro kostet die Xbox in Europa nun weniger als in den USA.

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Von
  • Nico Jurran

Nachdem in den vergangenen Wochen praktisch nur noch negative Schlagzeilen den Werdegang der Xbox in Europa begleiteten, hat Microsoft die Notbremse gezogen und den offiziellen Verkaufspreis der Spielkonsole um satte 40 Prozent von 479 auf 299 Euro gesenkt. Damit ist die Xbox hierzulande billiger als in den USA, wo sie zu einem Netto-Preis von 299 US-Dollar verkauft wird, was umgerechnet schon 336 Euro entspricht -- beim Kauf in US-Läden käme dann noch die Steuer des jeweiligen Bundesstaates hinzu.

Dass Microsoft das Gerät kräftig subventioniert, ist kein Geheimnis -- nach Berechnungen von Henry Blodget, Analyst bei Merrill Lynch, fährt der Konzern aufgrund der Kosten für die verbauten Komponenten bei einem Verkaufspreis von 299 US-Dollar anfangs 125 US-Dollar Verlust pro Konsole ein. Gewinn wollen die Redmonder mit den teuren XBox-Spielen machen, die mit 69 Euro deutlich mehr als PlayStation-2- oder PC-Spiele kosten. Wer für die X-Box Spiele entwickelt, muss zudem für jedes verkaufte Spiel Gebühren an Microsoft abführen. Eine derartige Quersubventionierung ist nicht unüblich: Andere Hersteller finanzieren das Konsolengeschäft ebenfalls zu einem erheblichen Teil über den Verkauf der Spiele und Lizenzgebühren.

Microsoft legt nun aber richtig drauf: So hat der Konzern bei seiner "Danke Schön"-Aktion für "Frühkäufer" der Xbox bislang keine Einschränkung bezüglich des Preises gemacht, zu dem die Anwender die Konsole gekauft haben müssen. Immerhin hatten schon zuvor einzelne Elektronikmärkte versucht, mit Rabatten auf den empfohlenen Verkaufspreis die Umsätze anzukurbeln. Den Controller und die beiden Microsoft-Spiele gibt es aber offenbar nun unabhängig davon, wieviel man für die Konsole bezahlt hat. Somit scheint der Aufruf einzelner User, bis zum 25. April noch schnell eine Xbox im Angebot für 399 Euro zu kaufen und damit noch mehr zu sparen, nicht ganz unberechtigt.

Wobei es natürlich auch darauf ankommt, ob einem die von Microsoft angebotenen Spiele gefallen. Bislang stehen Halo, Rallisport Challenge, Project Gothem Racing, Amped, Oddworld: Munch's Oddyssee, Dead Or Alive 3, Bloodwake und Fuzion Frenzy zur Auswahl. Laut Microsoft sollen bis zum 26. April allerdings noch weitere Titel hinzukommen.

Spiele-Entwickler wie Infogrames, Eidos Interactive, Vivendi Universial und THQ begrüßten allesamt die Entscheidung von Microsoft. So lautet der allgemeine Tenor, dass die Preissenkung ein längst überfälliger Schritt gewesen sei, um die Konsole am Markt zu etablieren. Die Xbox könne jetzt endlich direkt mit der Playstation 2 von Sony konkurrieren. Einige Unternehmen äußerten gegenüber heise online, dass sie sich die Preissenkung auf 299 Euro spätestens zur Dumping-Aktion der Elektronikkette Media Markt gewünscht hätten.

Weiterhin uneins sind sich die Firmen jedoch über die Preisgestaltung der Spiele. Während ein Teil den Preis pro Titel gerne bei 60 Euro sehen würden, halten andere Publisher 69 Euro pro Titel für angemessen.

Bis zum 30. Juni will Microsoft jedenfalls weltweit 4,5 bis 6 Millionen Konsolen verkauft haben. Dieses Ziel ist nach Einschätzung von Analysten aber kaum zu halten. In den USA gingen seit November nach Marktuntersuchungen rund zwei Millionen Geräte über den Ladentisch, in Europa sollen es bis zur Jahresmitte rund 1,5 Millionen Geräte werden. Die Verkaufszahlen in Europa seien durchaus zufriedenstellend ausgefallen, sagte Hans Stettmeier, Xbox-Chef in Deutschland. "Unser oberstes Ziel ist es jedoch, einen breiten Massenmarkt anzusprechen." Microsoft führt vor allem Zahlen für Xbox-Spiele an: In weniger als fünf Monaten nach dem US-Start seien demnach von mehr als 20 Spielen jeweils schon über 100.000 Stück weltweit über den Ladentisch gegangen. Das Spiel "Halo" sei weltweit inzwischen mehr als eine Million Mal verkauft worden: "Und dies wesentlich schneller als jedes andere Spiel für die aktuellen Systeme", betont der Konzern.

Nach Meinung von Branchenbeobachern verkaufte sich die Xbox in Europa und Japan hingegen nicht so gut wie ursprünglich erwartet. Die angekündigte Preissenkung könne man als weiteres Zugeständnis werten, dass die Konsole den erwarteten Erfolg zunächst verfehlt habe, schätzte dagegen ein Analyst der europäischen Investment-Bank Beeson Gregory. (nij)