Hintergrund: UMTS-Auktion - da waren's nur noch sechs...

War es nun ein geschicktes Pokerspiel oder die Hoffnung, die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland würde sich nicht zu so exorbitanten Beträgen wie in Großbritannien hochschaukeln?

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Von
  • Jürgen Kuri

War es nun ein geschicktes Pokerspiel oder die Hoffnung, die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland würde sich nicht zu so exorbitanten Beträgen wie in Großbritannien hochschaukeln? Der Ausstieg der Telefongesellschaft Debitel aus der UMTS-Versteigerung kam am Freitag jedenfalls nicht mehr überraschend. Als die Stuttgarter zuvor als erster Bieter ihr Gebot von drei auf zwei Frequenzblöcke heruntergeschraubt hatten, wurde dieser Schritt bereits als Zeichen von Schwäche interpretiert. Von Anfang an galt das Duo Debitel/Swisscom als finanzschwach. Es schien fast, als sei die Teilnahme der Außenseiter an der Versteigerung eher vom olympischen Gedanken geprägt: Dabeisein ist alles. In der 127. Runde des Bietergefechts kam dann das k.o. für Debitel.

Nach dem Rückzug der Tochter des Schweizer Telefonkonzerns Swisscom wegen zu hoher Kosten gehen nur noch sechs Unternehmen in die dritte Auktionswoche. Nach der 127. Bieterrunde in Mainz waren die Höchstgebote auf 63,05 Milliarden Mark gestiegen. Damit hatten sich allein am Freitag die Lizenzen um 15,8 Milliarden Mark verteuert. An der Spitze des Bieterfeldes lag die finnisch-spanische Gruppe G3 mit 15,9 Milliarden Mark für drei Frequenzpakete. Es folgten Mobilcom mit 10,6 Milliarden und VIAG Interkom mit 10,5 Milliarden Mark für je zwei Pakete. Eine kleine Lizenz mit zwei Frequenzpaketen kostet inzwischen mehr als zehn Milliarden DM. Die Versteigerung wird am Montag fortgesetzt.

Nach dem derzeitigen Stand der Versteigerung würde die UMTS- Auktion Bundesfinanzminister Hans Eichel einen Betrag in die Kasse spülen, der fast drei Mal so hoch ist wie die eingeplanten 20 Milliarden Mark . Wäre die Auktion am Freitag beendet worden, wäre ein einzelnes Lizenzpaket mit einem derzeitigen Wert von knapp 5,5 Milliarden Mark nicht vergeben worden. Der Finanzminister hätte deshalb nur 57,6 Milliarden Mark eingenommen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich am Schluss der Versteigerung alle zwölf Frequenzblöcke auf die Lizenz-Gewinner verteilen werden. Aus den Paketen werden vier bis sechs UMTS-Lizenzen vergeben. Dafür müssen zwei, dürfen aber höchstens drei Pakete ersteigert werden. In einer zweiten Auktionsrunde werden dann unter den Lizenzinhabern die noch freien Pakete versteigert.

Experten rechnen damit, dass die Erlöse sogar das Ergebnis der UMTS-Versteigerung im April in Großbritannien von 75 Milliarden Mark übertreffen könnten. Eichel will die Mittel vollständig zur Tilgung von Staatsschulden verwenden.

Olympiade oder Pokerrunde?

Sportlich gab sich Debitel am Tag nach dem Ausstieg. "Wir hätten gefahrlos weiterbieten können", meinte Debitel-Sprecher Rudi Schmidt gegenüber dpa. "Aber es wäre nicht fair gewesen, die Lizenzen für die anderen extra teuer zu machen." Das mag man so sehen – andererseits könnte Debitel aber auch von den Milliarden-Beträgen, die die anderen Konzerne für eine UMTS-Lizenz ausgeben können, profitieren. Ohne weit über 10 Milliarden Mark an Finanzminister Hans Eichel überweisen zu müssen, kann man nun die gesparten Beträge aufwenden, um sich einem Lizenz-Inhaber als Partner anzubieten: Sei es, um dessen UMTS-Netz weiterzuverkaufen, sei es, um die erforderlichen Investitionen für den Aufbau der Infrastruktur gemeinsam zu schultern.

Denn das Biet-Limit von zehn Milliarden Mark für eine Lizenz habe von Anfang an fest gestanden, erklärte Debitel laut dpa. Und: Die Gesellschaft wolle sich auf jeden Fall als Partner für Dienstleistungen und Service mit einem der späteren Lizenzinhaber verbünden. Für solche Verhandlungen ist es natürlich praktisch, wenn die potenziellen Partner nicht zu billig an eine Lizenz kommen – je höher die Lizenzkosten, desto eher der Drang, einen neuen Partner mit ins Boot zu holen. Mobilcom-Chef Gerhard Schmid hatte bereits Interesse signalisiert, als Debitel noch kräftig mitsteigerte, und sich dadurch einen Rüffel der Regulierungsbehörde zugezogen. Absprachen während der Auktion sind nämlich strengstens untersagt.

Debitel bleibt damit, was das Unternehmen immer schon war: eine Telefongesellschaft ohne eigenes Netz. Beim alten Mobilfunkstandard GSM habe man es nach Kundenzahl bereits zur Nummer drei in Deutschland geschafft. "Wir werden den Lizenzinhabern helfen, ihr Kundenproblem zu lösen", hofft debitel-Chef Peter Wagner nun mit Blick auf den UMTS-Standard, bei dem mobile Dienstleistungen – Online-Banking, elektronische Nachrichten und E-Commerce – immer wichtiger werden. Bis zum Jahresende soll die Kundenzahl in Deutschland auf über 6,5 Millionen Teilnehmer klettern.

Dabei hat Ditel kein einfaches Jahr hinter sich. Der Ausstieg von DaimlerChrysler und Metro, die ihre Anteile mehrheitlich an die Schweizer Telefongesellschaft Swisscom verkauften, bedeutete einen plötzlichen Wechsel: Das Sagen hatten auf einmal die Eidgenossen in Bern. Debitel-Gründer Joachim Dreyer passte die neue Ausrichtung des Unternehmens offenbar nicht; der 58-Jährige nahm zum 1. Juni seinen Hut als Vorstandschef. Zuvor war eine Allianz mit Mobilcom für ein gemeinsames Gebot bei den UMTS-Lizenzen gescheitert. Mobilcom ging zusammen mit France Telecom an den Start, und Debitel/Swisscom suchte bis zum Beginn der Versteigerung erfolglos nach einem starken Partner.

Tribünenplatz

An der Börse kam der Ausstieg aus der Auktion prima an: Der Kurs der Debitel-Aktie, die bis zu der Nachricht um 18.00 Uhr bei 35 Euro dümpelte, kletterte bis zum Börsenschluss auf 37,50 Euro. Im Vergleich zum Vortag ergab sich ein Plus von 5,63 Prozent. Beim erfolgreichen Abschluss einer UMTS-Partnerschaft sei ein Börsengang des Mobilfunkgeschäfts von Debitel und Swisscom denkbar, hieß es aus dem Unternehmen. Analysten sahen am Wochenende wieder Fantasie in der Aktie, für die der Trend seit dem Frühjahr immer nur abwärts zeigte. Von Montag an nimmt Debitel bei dem Bietergefecht nun auf der Zuschauertribüne Platz. Und denkt man an die Explosion der Höchstgebote vom Freitag, sitzt es sich dort wohl am bequemsten.

Beobachter erwarten, dass auch das Konsortium 3G, dass die finnische Sonera und die spanische Telefonica gebildet haben, aus der Auktion aussteigen und neben Debitel auf der Zuschauertribüne Platz nehmen könnte. Die beiden Konzerne sind vor allem mit dem Problem konfrontiert, dass sie in Deutschland noch überhaupt nicht als Anbieter auftreten und auch kein eigenes Mobilfunknetz installiert haben. Finanzschwach allerdings sind beide nicht – und wären damit ebenfalls ideale Partner für einen der Konzerne, der eine UMTS-Lizenz ersteigert.

Aber auch für das Gespann Telefonica/Sonera gilt: Je höher die Kosten für eine Lizenz, desto eher die Bereitschaft der Inhaber, nach Partnern Ausschau zu halten. Und ob Parnter oder wechselseitige Unternehmens-Beteiligungen – absehbar scheint zu sein, dass die Kosten für UMTS den Konzentrationsprozess unter den Telekom-Gesellschaften, seien es nun die neuen privaten Gesellschaften oder die Ex-Staatsmonopole, weiter vorantreiben. (jk)