Hintergrund: Telekomriesen feilschen um UMTS-Lizenzen

Am morgigen Montag geht es los: Bei der UMTS-Versteigerung in Deutschlandwerden vier bis sechs Lizenzen vergeben. Die genaue Zahl hängt vom Bieterverhalten ab.

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Von
  • Thomas Struk
  • dpa

Bei der UMTS-Versteigerung in Deutschland werden vier bis sechs Lizenzen vergeben. Die genaue Zahl hängt vom Bieterverhalten ab. Zunächst gelten die Lizenzen bis Ende 2020. Insgesamt kommen zwölf gepaarte Frequenzblöcke a fünf Megahertz unter den Hammer. Die Bieter müssen mindestens zwei Blöcke (zehn Megahertz) ersteigern, höchstens aber drei. Das heißt: Sollten zum Beispiel alle vier GSM-Mobilfunkbetreiber (D1, D2, E-Plus, E2) drei Frequenzpakete a fünf Megahertz erwerben, würden die übrigen Bieter leer ausgeben.

Sechs Lizenzen werden es dann sein, wenn sich alle erfolgreichen Unternehmen mit zehn Megahertz (zwei Blöcke) begnügen. Experten rechnen damit, dass es am Ende fünf Lizenzen sein werden: So würden die beiden Marktführer D1 und D2 drei Pakete a 15 Megahertz und damit mehr Kapazität ersteigern als ihre Mitwettbewerber. Unternehmen, die im ersten Auktionsabschnitt erfolgreich waren, erhalten die Möglichkeit, weitere (ungepaarte) Frequenzblöcke zu ersteigern. Hierdurch können sie ihre neuen UMTS-Netz durch zusätzliche Kanäle aufwerten. Das Mindestgebot für ein Fünf-Megahertz-Paket beträgt 50 Millionen DM.

Strenge Sitten

Bei der Auktion in Deutschland geht es streng zu. Handy her! Wenn die Firmenvertreter am Montag die Niederlassung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) in Mainz-Gonsenheim betreten, werden sie gründlich gefilzt. Die Kontrolleure am Eingang haben es auf die Mobiltelefone abgesehen. Die Vorschriften im Milliarden-Poker um die begehrten Mobilfunklizenzen für UMTS sind knallhart. Schließlich soll es fair zugehen und sich keiner unerlaubte Vorteile verschaffen, wenn der Auktionator die Teilnehmer zu ihren Geboten aufruft.

So geht es in der ehemaligen US-Kaserne in der Canisiusstraße wieder richtig militärisch zu: Während des gesamten Bieterverfahrens werden jeweils zwei Vertreter von D1, D2 & Co in karg ausgestatten Büros eingesperrt. Ganz nach dem Motto: Kontakt mit der Außenwelt nicht erwünscht. Per Computer geben sie ihre Angebote ab. Damit alles reibungslos läuft, waren die Firmenvertreter in den vergangenen Wochen zu Softwareschulungen in Mainz. Sieben Bewerber und sieben abhörsichere Büros: Zehn Stunden lang täglich, nur unterbrochen durch eine einstündige Mittagspause, wird geboten und überboten.

Der einzige "heiße Draht" nach außen, ist der zu den Firmenzentralen, die mit einem Telefon und einem Fax erreicht werden können. Ferner sind die Büros über Computer mit dem Auktionator verbunden. Ansonsten sind die kleinen Räume spärlich ausgestattet. Die Wände sind schlichtweiß ohne Bilder, die Stühle aus einfachem Stahlrohr mit roten Sitzpolstern, in der Mitte steht ein Tisch mit hellem Holzfurnier. In welchen Räumen die Vertreter der Firmen ihre Gebote abgeben, will Pressesprecher Werner Hugentobler nicht verraten. Auch einen Blick in die sieben Büros lässt er wenige Tage vor Beginn der Auktion nicht zu – Geheimhaltung pur. Lediglich der so genannte Auktionsraum ist nicht verschlossen: Dort werden die Gebote auf eine Leinwand projiziert und der Präsident der Behörde, Klaus-Dieter Scheurle, die Auktion am Montag um 10:00 Uhr eröffnen.

Damit in den Büros alles mit rechten Dingen zugeht, sitzt ein Mitarbeiter der Regulierungsbehörde mit am Tisch. Überwachung total: Selbst der Gang zur Toilette erfolgt nur in Begleitung eines Behördenvertreters. Denn Absprachen zwischen den Bewerbern sind strengstens untersagt. Scheurle warnt: "Das kostet nicht nur die Lizenz, sondern es muss außerdem gezahlt werden, was bis dahin geboten wurde". Die Bieter könnten es versuchen, meint er, aber das Risiko der Sanktion sei groß.

Pokerrunde

Wie schnell oder lange die Schlacht um die UMTS-Lizenzen dauert, ist völlig offen. Von drei Wochen ist die Rede, vielleicht aber auch länger. "Wir haben zwei Wochen eingeplant", sagt Hugentobler, einer von 350 Mitarbeitern der Mainzer Dienststelle der Regulierungsbehörde. Nach Abzug der US-Soldaten im Jahr 1994 zogen sie – damals noch als Mitarbeiter des Postministeriums – in das Gebäude ein, das für einen zweistelligen Millionenbetrag renoviert und von Asbest befreit wurde. Normalerweise sind die Mainzer für die Vergabe von Telefonnummern für ganz Deutschland zuständig.

Von Montag an sind Telefonnummern aber zweitrangig – es geht um die zukunftsträchtigen UMTS-Lizenzen. "Das ist ein Milliardenspiel", sagt der Pförtner am Haupteingang, der sich die Spannung vor dem großen Ereignis nicht anmerken lässt. Schließlich habe es in dem Gebäude schon zwei Versteigerungen von Funkfrequenzen gegeben. "Die Mitarbeiter sind zwar schon neugierig und interessiert. Für uns geht es aber in erster Linie darum, dass die Versteigerung ordnungsgemäß abläuft", sagt Hugentobler.

Eine Bieterrunde wird innerhalb von 40 Minuten abgeschlossen, acht bis zehn Runden täglich könnten es somit werden. Die höchst Bietenden für die einzelnen Frequenzpakete werden nach jeder Runde bekannt gegeben – für die Mitwettbewerber per Computer, für Öffentlichkeit per Internet. Und dann ruft der Auktionator schon wieder zur nächsten Runde: "Wer bietet mehr?"

Europaweit

Die Vergabe der UMTS-Lizenzen wird in Europa im Wesentlichen nach zwei Verfahren abgewickelt. Während Länder wie Frankreich, Portugal, Schweden oder Dänemark auf einen so genannten Schönheitswettbewerb setzen, werden die Konzessionen in den Niederlanden, Österreich, Deutschland und der Schweiz versteigert. Bei dem ersten Verfahren setzt der Staat einen Preis für die Lizenzen fest und prüft die Eignung der Bewerber. Daneben gibt es Mischverfahren wie in Italien und Belgien.

Bislang wurden in drei Ländern UMTS-Lizenzen vergeben: in Finnland, Spanien und Großbritannien. Bei den Bewerbern ist der "Schönheitswettbewerb" umstritten. Dieses Verfahren sei unfair, öffne Mauscheleien Tür und Tor und bevorzuge die heimischen Bieter, lautet die Kritik. Eine Auktion gelte als das gerechtere und marktkonformere Verfahren. Über den Zuschlag entscheidet dann allein der Preis.

Die Versteigerung in Großbritannien hat gezeigt, dass eine Auktion für die Bewerber allerdings sehr teuer werden kann. Für umgerechnet 75 Milliarden DM kamen dort fünf Lizenzen unter den Hammer. Zuvor waren in Spanien in einem Schönheitswettbewerb die Konzessionen vergeben worden. In Frankreich, wo der Staat für eine Lizenz rund zehn Milliarden DM festgelegt hat, werden im kommenden Jahr die UMTS-Lizenzen vergeben werden. In Italien (Grundpreis von vier Milliarden DM pro Lizenz) soll noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen.

Streithähne

Sieben Unternehmen und Konsortien bewerben sich jedenfalls ab Morgen hier zu Lande um die UMTS-Lizenzen:

  • Deutsche Telekom: Die Mobilfunktochter T-Mobil (D1) ist der einzige rein deutsche Bewerber. Konzernchef Ron Sommer kann sich keine Schlappe erlauben. Das Unternehmen, das ohne Partner antritt, hatte in Großbritannien über die Tochterfirma One2One eine UMTS-Lizenz ersteigert, war in Spanien aber leer ausgegangen. T-Mobil gilt als gesetzt.
  • Mannesmann Mobilfunk: Eine UMTS-Lizenz ist für den deutschen Marktführer (D2) ebenfalls ein Muss. Seit der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone AirTouch gibt es kaum Zweifel, dass sich der Bewerber bei der Auktion durchsetzen wird. Vodafone ist bereits in Spanien und Großbritannien dabei.
  • Mobilcom: Die Telefongesellschaft hat mit France Telecom einen starken Partner. Auf dem deutschen Markt stehen die Franzosen unter Erfolgsdruck. Bei der UMTS-Vergabe waren sie bislang wenig erfolgreich. In Großbritannien kam France Telecom durch den Kauf von Orange aber doch noch zum Zuge. MobilCom gilt als ein UMTS-Favorit.
  • E-Plus/Hutchison: Als ein aussichtsreicher Anwärter gilt auch die niederländisch-asiatische Allianz. E-Plus ist eine Tochterfirma der KPN. Sie hatte ihre eigenständige UMTS-Bewerbung vor gut einer Woche zurückgezogen und wird gemeinsam mit Hutchison antreten; mit im Boot sitzt der japanische Mobilfunkriese NTT DoCoMo.
  • Viag Interkom: Hauptaktionäre des E2-Netz-Betreibers sind der Energiekonzern E.ON und die British Telecom (BT). Um den Anschluss an die mobile Internetwelt nicht zu verpassen, kann sich BT keinen Flop leisten. Unklar ist, inwieweit sich E.ON bei UMTS noch finanziell engagieren will. BT war in Spanien und Großbritannien erfolgreich.
  • Debitel: Dem größten netzunabhängigen deutschen Mobilfunbetreiber wird nur eine Außenseiterchance eingeräumt. Die Tochterfirma der schweizerischen Swisscom hat keine finanzkräftigen Partner, nachdem Gespräche mit dem US-Telefonkonzern MCI Worldcom scheiterten.
  • G3: Als ein reiner Zählkandidat wird G3 betrachtet. Nach dem Rückzug des britischen Mobilfunkbetreibers Orange besteht die Gruppe noch aus der spanischen Telefonica und der finnischen Sonera. Das Konsortium müsste als Neuling eine komplette Infrastruktur aufbauen und einen Kundenstamm generieren.

(Peter Lessmann, dpa) / (Thomas Struk, dpa) / (jk)