Hintergrund: UMTS-Milliarden in Gefahr

Der Kreis der Bieter für eine UMTS-Lizenz in Deutschland wird immer kleiner, das Finanzministerium fürchtet um die unvermuteten Mehreinnahmen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 35 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christian Rabanus

Der Kreis der Bieter für eine UMTS-Lizenz in Deutschland wurde in den vergangenen Tagen immer kleiner, zuletzt zog der US-amerikanische Telekommunikationsgigant WorldCom seine Bewerbung zurück. Im Rennen sind jetzt gerade mal noch acht Bieter – bei bis zu sechs zu vergebenden Lizenzen dürfte der Bieterwettstreit nicht gar so intensiv ausfallen.

Im Bieterverfahren geht es um einzelne Frequenzpakete. Insgesamt will die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP) Lizenzen für zwölf Pakete vergeben. Eine Lizenz gibt es entweder für zwei oder für drei Frequenzpakete. Theoretisch können also sechs Unternehmen eine Lizenz erwerben. Es gilt aber als sicher, dass sich die Großen auf dem deutschen Mobilfunkmarkt, nämlich die Deutsche Telekom und Mannesmann Mobilfunk, auf jeden Fall eine Lizenz für drei Pakete sichern werden. Es blieben dann also noch Frequenzpakete für zwei oder drei weitere Unternehmen übrig. Und unter den verbleibenden Kandidaten laufen momentan rege Verhandlungen.

Zusammen sind wir stark

Die jüngsten Meldungen der Wirtschaftswoche besagen, dass WorldCom mit der Allianz Swisscom/Debitel kooperieren wolle. Außerdem verhandelten der niederländische Telekom-Konzern KPN, der hinter E-Plus steht, und das von der spanischen Telefonica und der finnischen Sonera gebildete Konsortium 3G über eine Allianz. Für alle Unternehmen hätte ein Zusammengehen große Vorteile: Sie könnten gemeinsam ein UMTS-Netz aufbauen und sich dafür die Kosten teilen. Natürlich müssten sie sich auch die Einnahmen teilen, aber da Gewinne aus dem UMTS-Geschäft sowieso erst in mehreren Jahren zu erwarten sind, ist das momentan kein Hinderungsgrund. Wenn das Geschäft profitabel wird, ist immer noch Zeit, sich um die Aufteilung des Kuchens zu streiten. Und auf dem schnelllebigen Mobilfunkmarkt kann in ein paar Jahren sowieso wieder alles anders aussehen.

Je mehr sich die Unternehmen aber untereinander absprechen und gemeinsam Allianzen schmieden, desto weniger springt am Ende für den Staat bei der Versteigerung heraus. Nach der Auktion in Großbritannien rechneten Marktbeobachter damit, dass die Mobilfunklizenzen Finanzminister Hans Eichel eine Einnahme von 100 bis 120 Milliarden Mark verschaffen würden. Offiziell rechnete Eichel allerdings immer nur mit bis zu 20 Milliarden. Wenn Eichel Pech hat, dann wird die "unvermutete Mehreinnahme zur Tilgung von Staatsschulden" – so Eichels kreative Interpretation des Kürzels UMTS – auch tatsächlich nur in dieser Höhe ausfallen.

Einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge prüft das Finanzministerium derzeit, ob eine Änderung der Vergabemodalitäten, sprich eine Reduzierung der ersteigerbaren Lizenzen, rechtlich möglich ist. Allerdings erfolgte das Dementi vom Finanzministerium mit deutlichen Worten: "Das ist alles völliger Unsinn, was da steht", sagte eine Sprecherin Eichels auf Nachfrage von c't. An dem Verfahren werde nichts geändert. Auch die RegTP sieht keine Möglichkeit, die Vergaberichtlinien zu ändern. Der massive Protest der Telekommunikationsgesellschaften wäre Finanzministerium und RegTP auf jeden Fall gewiß.

Aus Verbrauchersicht

Was für den Verbaucher das Beste wäre, ist eine offene Frage. Einerseits kritisieren Marktbeobachter und Unternehmen die Vergabemodalitäten der UMTS-Lizenzen, weil sie höhere Preise für das mobile Telefonieren befürchten und damit die Wirtschaftlichkeit der UMTS-Telefonie überhaupt in Frage gestellt sehen. Ob diese Befürchtungen berechtigt sind, sei dahin gestellt: Zumindest die Gewinnmargen werden auch in Zukunft weiterhin schrumpfen. Denn je mehr moderne Kommunikationsmittel wie das Internet und das Mobiltelefon zum Alltag gehören, desto weniger sind die Verbraucher bereit, dafür viel Geld zu zahlen. Immer mehr macht sich die Einstellung breit, dass Kommunikationswege genauso wie Verkehrswege zu einer Infrastruktur gehören, die einfach da zu sein hat. Auch bei eigenen hohen Kosten wird kein Unternehmen in der Lage sein, gegen den Markt die Preise zu erhöhen. Und gegen Preiskartelle gibt es immer noch die – wie sich in letzter Zeit gezeigt hat – durchaus funktionierenden Wettbewerbsbehörden.

Andererseits wäre auch eine Senkung der Staatsverschuldung in jedermanns Interesse. Noch vor kurzem gab der Staat jede vierte Mark für Schuldenzinsen aus; senkt man die Verschuldung, bleibt mehr Geld im Staatshaushalt, das beispielsweise für Bildungs-, Infrastruktur- und Sozialaufgaben verwendet werden kann. Sogar etwas höhere Preise für das mobile Telefonieren könnten sich so schnell wieder amortisieren.

In gewisser Weise ist dieses Dilemma der Frage zu vergleichen, ob man der Expo einen Besuch abstatten sollte: Geht man nicht hin und spart sich damit 69 Mark für die Tageskarte, erhöht man damit die Verluste der gesamten Veranstaltung und muss indirekt über seine Steuergelder eine vergleichbare Summe zahlen. Warum sollte man dann nicht gleich die 69 Mark zahlen und sich wenigstens noch ein wenig das Spektakel auf dem Hannoverschen Messegelände anschauen? Ob man will oder nicht, genauso wie der Verlauf der Expo nicht nur für die Expo-Gesellschaft relevant ist, wird auch das Ergebnis die UMTS-Auktion am 31. Juli in Mainz nicht nur für die Mobilfunker von Bedeutung sein. (chr)