Startup-Konferenz "Hinterland of Things": Deutschlands verborgenes Potenzial

Startups können die deutsche Wirtschaft retten, sind sich Teilnehmer der "Hinterland of Things"-Konferenz sicher. Ein wichtiger Bereich dabei ist KI

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Dominik Gross auf der "Hinterland of Things"-Konferenz

Gründer der Founders Foundation gGmbH, Dominik Gross, auf der Hinterland of Things. Er spricht darüber, dass es in Deutschland dezentral und nicht nur in der Hauptstadt verschiedene Startup-Hotspots gibt, etwa auch in Heidelberg oder in der Region Ostwestfalen-Lippe. In Ländern wie Frankreich ist das anders.

(Bild: Hinterland of Things)

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Zwar sinkt die Produktivität derzeit, doch Startups können die Wirtschaft retten. Dessen ist sich Dominik Gross sicher, er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Tech-Startups ausbildenden Founders Foundation gGmbH (FF). Auf der Konferenz "Hinterland of Things", mit der die FF Startups mit Unternehmen und Investoren zusammenbringen will, warf er die Frage auf, ob wir uns mit den sieben Tech-Giganten (Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon, Meta, Tesla) aus den USA vergleichen müssen. Weltweit dominieren diese den Markt mit einer Bewertung von 14 Billionen US-Dollar. Allein Nvidia habe eine stärkere Marktbewertung an der Börse als alle DAX-Unternehmen zusammen. In Deutschland sei "ein Großteil der Unternehmen tatsächlich nicht an der Börse notiert", stattdessen gebe es einen starken Mittelstand. Das sorge insgesamt für eine andere Wirtschaftsstruktur.

Während es in Kalifornien das Silicon Valley gibt, sitzt in Ostwestfalen-Lippe (OWL) ein "Klemmen-Valley". In der Region sind viele Unternehmen, die Verbindungsstecker, Stecksysteme und Ähnliches herstellen. "Die sind in jedem Kraftwerk, in jeder Maschine, in jedem Generator", sagte Gross. Phoenix Contact oder Wago gehören zu den "Hidden Champions", unbekannte Unternehmen aus Deutschland, die weltweit zur wirtschaftlichen Wertschöpfung betragen. Zu weiteren unbekannten, aber trotzdem umsatzstarken Unternehmen, gehören unter anderem Isringhausen, Hettich oder Sollich, aber auch Bertelsmann, Claas, Melitta, Miele kommen aus der Region. Startups könnten ihre Ideen in Unternehmen einbringen.

Im Bereich Industrial Tech ist Deutschland groß. "26 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes wird um produzierende Gewerbe erwirtschaftet". Ein Großteil der Prozesse lässt sich automatisieren. "Robotik ist dabei ein Riesenthema", meint Gross. Lösungen bieten beispielsweise die Startups "Neura Robotics" oder "Unchained Robotics".

Als Beispiel für Startups aus dem Bereich Climate Tech nannte Gross "Voltfang", das einen Batteriespeicher entwickelt hat, der mit ausrangierten Akkus betrieben werden kann. Interessant sei das für Unternehmen, die wissen wollen, wie viel eingespeicherte Energien sie noch nutzen können. Im Bereich E-Commerce will das Startup "Vision AI" mithilfe visueller und semantischer KI-Modelle Prozesse in Online-Shops automatisieren und bessere Werbung als Amazon machen. Dazu analysiert eine KI Produktbilder und generiert Empfehlungen für Käufer.

Der Erfolg vom Heidelberger Startup Aleph Alpha sollte Hoffnungen machen. Die Produktivität kann durch generative KI laut McKinsey um 0,1 bis 0,6 Prozent pro Jahr steigen. "Deutschland wird einer dieser Profiteure werden, weil wir genau diese entwickelte Industrie haben, die davon profitieren kann und wir haben die Spitzentalente tatsächlich, die aus den Universitäten kommen und AI entwickeln können", erklärt Gross. Dabei sind viele derartige Techniken nicht neu, allerdings spielt das Thema KI auch einer aktuellen Bitkom-Umfrage zufolge eine zunehmend wichtigere Rolle für Startups.

Deutschland sollte laut der Vorstandsvorsitzenden des Startup-Verbands, Verena Pausder, nicht den "großen KI-Spielen hinterherlaufen" und versuchen, eine deutsche Version von Tiktok oder Micosoft hervorzubringen, sondern sich auf seine Stärken, etwa im Bereich Forschung, konzentrieren. Zusammen mit der industriellen Basis sei die perfekte Ausgangssituation gegeben, um Deep Tech zu machen. "ESA, Aerospace, The Exploration Company, Marvel Fusion, Quantum Computing, das sind die Sachen, wo wir weltweit führend sein können. Und deswegen müssen wir uns an diese dicken Bretter heranwagen. Und dafür ist eben dieser Match von Mittelstand und Startup ideal", sagte Pausder.

Das Narrativ "Deutschland schafft sich ab" ist für Pausder "energieraubend". Dabei verwies sie auch auf fragwürdige Interviews von Wirtschaftslenkern, die eine düstere Zukunft voraussagen. "Wir müssen uns wieder mehr trauen, die Hände schmutzig zu machen", meint Pausder. "Wenn wir einfach vor diesem Riesenberg an Herausforderungen stehen und fragen: 'Wie soll das eigentlich gehen?', dann führt das bei den meisten Menschen zu Schockstarre oder zu Resignation. [...] Wir brauchen jetzt das Gefühl, wir haben alle Zutaten in diesem Land, um erfolgreich zu sein", meinte Pausder.

(mack)