Homeoffice: Für und gegen ein Gesetz
Bundesarbeitsminister Heil will das Recht auf Homeoffice zum Gesetz machen. In der IT gehen die Meinungen auseinander, ob es wirklich eine Regelung braucht.
Bei ihrem Arbeitgeber ist Antonia Schmalstieg, 29, selten, vielleicht zwei, dreimal im Jahr. In Solingen ist die Firmenzentrale von Codecentric, einem IT-Beratungsunternehmen für agile Softwareentwicklung. Schmalstieg, Informatikerin mit Master-Abschluss, unterstützt Kunden ihres Arbeitgebers im Großraum München bei der Einführung von Scrum und anderen agilen Methoden. "Weil ich durchschnittlich drei Tage von zu Hause aus arbeiten kann und darf, sinkt mein Zeitaufwand für Fahrten zur Arbeit erheblich."
Zwei Stunden auf der Straße spart sie an ihren Homeoffice-Tagen. An den anderen beiden Tagen ist sie beim Kunden. Das wird für jedes Projekt individuell vereinbart. Bei den Kunden ist sie für Meetings, bei Workshops oder zur Kontaktpflege.
"Trennung zwischen Beruf und Privat verwässert leicht"
Ein weiterer Vorteil der Heimarbeit ist für Schmalstieg die Möglichkeit, konzentrierter zu arbeiten. Ihr Büro hat sie im Schlafzimmer, im Wohnzimmer ist alles, was ablenken könnte. Kinder hat sie keine. Wenn sie zu Hause an ihrem Schreibtisch sitzt, ist sie etwa die Hälfte des Tages mit Kollegen oder Kunden über das Internet verbunden. "Chat- und Collaboration-Software reichen völlig aus, um mit anderen auch eng zusammenzuarbeiten. Dafür müssen wir nicht im selben Raum sein."
Anderen gegenüber kommuniziert sie klar, wann sie erreichbar ist. Das macht diese Arbeitsform transparent. Seit zweieinhalb Jahren ist Schmalstieg bei Codecentric und daher in Teilzeit im Homeoffice. In der Zeit hat sie gelernt, dass es wichtig ist, sich Pausen einzugestehen und die Gefahr besteht, dass sie zu lange arbeitet. "Die Trennung zwischen Beruf und Privat verwässert leicht." Die soziale Isolierung hält sie für ein weiteres Problem. "Dagegen hilft, die Pausen zusammen zu verbringen, auch remote einen Kaffee zu trinken oder zusammen Mittag zu essen." Schmalstieg hat mit Homeoffice mehr positive als negative Erfahrungen gemacht.
Alles möglich und machbar
Codecentric hat rund 500 Mitarbeiter an 16 Standorten, davon 11 in Deutschland. "Bei uns hat jeder Beschäftigte einen Anspruch auf Homeoffice, wenn es die Aufgabe und Situation zulässt. So steht es im Arbeitsvertrag", sagt die Personalerin Olga Spivak. Die Heimarbeit hat in der Firma viele Formen: Manche sind ausschließlich am Arbeitsplatz im Unternehmen, andere arbeiten ausschließlich von daheim und dazwischen ist alles möglich und machbar. Homeoffice wird von den Mitarbeitern bei Codecentric geschätzt, Bewerber fragen danach.
Aber nicht jede Aufgabe und auch nicht jeder Mensch eignet sich dafür. "Alle, die geistig arbeiten, sich selbst motivieren und organisieren können, verantwortungsbewusst und kommunikationsstark sind, haben die notwendigen Voraussetzungen dafür", sagt Spivak. Eher ungeeignet sind Menschen, die andere um sich herum brauchen, die keinen Platz in ihrer Wohnung haben und die eine Arbeit machen, die sich nicht von zu Hause aus erledigen lässt. Einen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice findet Spivak gut, weil Heimarbeit durch Flexibilität den Mitarbeitern hilft, Beruf und Privatleben besser zu koordinieren.