IBM/Lenovo will verunsicherte Kunden beruhigen

Nach dem Verkauf von IBMs PC-Sparte werden nach und nach die Details des Deals bekannt. So darf Lenovo beispielsweise fünf Jahre lang "IBM Thinkpads" verkaufen, der Support und die Garantieabwicklung bleiben aber vollständig bei IBM.

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Der Verkauf von IBMs PC-Abteilung an den chinesischen Konzern Lenovo für umgerechnet 1,3 Milliarden Euro verschiebt nicht nur die Kräfteverhältnisse zwischen den weltgrößten PC-Herstellern, sondern verunsichert auch die Kunden.

In einem Gespräch mit heise online erklärte IBMs Firmensprecher Stefan Pieper einige Details. So bleibt etwa das Geschäft mit Druckern und Kassensystemen komplett bei IBM, betroffen sind hingegen die Geschäftsbereiche Desktop-PCs, Notebooks, Monitore und Projektoren. Lenovo übernimmt weltweit sämtliches Personal inklusive der Entwicklungszentren in den USA, China und Japan -- Entlassungen seien keine geplant.

Anfangs bekommen die Kunden nicht viel von dem Deal mit: Die für die längerfristige Planung der Unternehmenskunden wichtigen Produkt-Roadmaps bleiben laut Pieper für mindestens 18 Monate unverändert. Zudem habe Lenovo Rechte an den Markennamen bekommen und dürfe bis zu fünf Jahre lang weiter Notebooks als "IBM Thinkpad" und PCs als "ThinkCentre" verkaufen. Die Garantieabwicklung und der Service verblieben sogar fünf Jahre lang komplett bei IBM, nicht nur für schon verkaufte Geräte, sondern auch für die zukünftigen Lenovo-Modelle.

Laut Pieper ist die größte Herausforderung für Lenovo, die Kunden von einer gleichbleibenden Produktqualität zu überzeugen und davon, dass sich außer dem Firmennamen wenig ändere. Tatsächlich fertigt IBM schon länger keine Notebooks oder PCs selbst, sondern bestenfalls in Joint Ventures wie das vor einigen Monaten aufgekündigte mit dem südkoreanischen LG Electronics. Derzeit stammen die Notebooks hauptsächlich von den taiwanischen Produzenten Quanta und Wistron, die PCs von Foxconn/Hon Hai und von einigen chinesischen Firmen. Für die resultierende Qualität dieser OEM-Produktion zeigt sich IBM selbst verantwortlich.

Lenovo allerdings unterhält bisher keine eigene Designabteilung, sondern verkauft (in Asien, nicht in Europa) Notebooks von ODM-Herstellern wie Mitac und Compal, die fertige Produktpaletten anbieten. Damit hat Lenovo die Chance, eine zweigeteilte Strategie zu fahren und neben einer professionellen Produktlinie aus den bisherigen IBM-Notebooks eine preisgünstige Einstiegsserie zu offerieren. Mit einer ähnlichen Strategie arbeitet Fujitsu-Siemens nicht nur in Deutschland sehr erfolgreich: Aus eigenem Design stammen deren Lifebook-Geräte, während die Amilo-Serie aus Geräten von ODMs (Original Design Manufacturer) wie Uniwill, Mitac und ähnlichen besteht. Allerdings besteht die Gefahr, gegenüber der Konkurrenz Eigenständigkeit zu verlieren: So fragen sich viele Kunden zu recht, was einige der in den Elektronikketten nebeneinander stehenden Notebooks von Fujitsu-Siemens und Gericom unterscheidet, stammen doch beide vom gleichen Produzenten. Gerade das als sehr eigenständig geltende IBM-Design könnte Lenovo durch die Hinzunahme der ODM-Paletten verwässern.

So sehen einige taiwanische Board- und Notebook-Hersteller laut dem asiatischen Newsdienst DigiTimes einen weiteren Profiteur des IBM-Lenovo-Deals: Acer. Seit Monaten fährt Acer (mit recht eigenständigen Designs) ein Rekordergebnis nach dem anderen ein und steht in Deutschland bei Notebooks unangefochten an erster Stelle. Beim weltweiten PC-Verkauf steht Acer laut Gartner mit einem Marktanteil von drei Prozent an fünfter Stelle und könnte möglicherweise bald den derzeitigen vierten Fujitsu (3,7 %) überholen. Davor steht IBM mit fünf Prozent, was zusammen mit den 1,7 Prozent von Lenovo (Platz 9) nicht reicht, um an die Marktführer Dell und HP mit jeweils etwa 14 Prozent vom weltweiten PC-Markt heranzureichen. Gute Chancen rechnet sich Acer vor allem durch Reibungsverluste bei Lenovo und IBM aus, ähnlich wie auch der Marktanteil von HP nach dem Kauf von Compaq anfangs sank.

Hierzulande trat Lenovo erstmals Anfang 2003 in Erscheinung als neuer Name des Mainboard-Herstellers Legend QDI. Im Sommer 2004 hat Lenovo allerdings einige Niederlassungen, darunter auch die deutsche, geschlossen -- vielleicht schon mit Blick auf die Übernahme des IBM-Personals. Während Legend-Boards in Europa einen eher geringen Marktanteil hatten, gehörten sie insbesondere in China zu den beliebteren. (jow)