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IT-Branche trotz Wachstums vor Herausforderungen

Die IT- und TK-Branche Deutschlands wächst, kann sich aber auf dem Erfolg nicht ausruhen. Der Bitkom fordert auch von Berlin eine gezielte Strategie, die deutsche IT in Europa zur Nummer eins zu machen.

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Für August-Wilhelm Scheer ist es etwa der 25. CeBIT-Besuch, und der Bitkom-Präsident gibt sich zum Auftakt der IT-Messe 2008 durchaus zuversichtlich. Daran können auch die trüben Aussichten auf dem Messegelände nichts ändern: Rechtzeitig zur Messeeröffnung hat sich auch das Wetter in Hannover auf gewohntes CeBIT-Niveau begeben. Scheer präsentierte die Jahreszahlen der IT- und TK-Branche, die ihm Anlass zu vorsichtigem Optimismus geben. Allerdings warnte der Verbandschef auch vor den Gefahren des Marktes, die sich in Werksschließungen wie zuletzt bei Nokia äußerten. Für die Branche forderte Scheer deshalb klare Rahmenbedingungen von der Politik sowie eine bessere Nachwuchsförderung, um vorhandene Potenziale ausschöpfen und den IT-Standort Deutschland voranbringen zu können.

Den Zahlen des Bitkom zufolge hat sich der deutsche Markt für Informationstechnik, Telekommunikation und digitale Consumer Electronics besser entwickelt als erwartet. Scheer freute sich, die Prognosen "erstmals seit Langem wieder nach oben korrigieren zu können". Statt der erwarteten 1,3 Prozent sei der Gesamtmarkt 2007 um 2 Prozent auf über 140 Milliarden Euro gewachsen. Die Aufwärtsbewegung soll sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, der Bitkom rechnet für 2008 mit 1,6 Prozent und 143 Milliarden Euro. 2009 soll die Branche noch einmal um 2 Prozent auf dann 148,1 Milliarden Euro wachsen. Bei der Prognose ist Scheer noch "vorsichtig", man müsse die Entwicklungen vor allem der TK-Branche beobachten.

Die beiden Hauptsäulen der Branche sind die Telekommunikation (45,7 Prozent des Umsatzes) und die Informationstechnik (46,1 Prozent). In der IT sorgte vor allem das Wachstum bei Software und Services für nachhaltigen Schwung. Der Bereich kann stabile Wachstumsraten über 4 Prozent vorweisen. Dagegen schwächelt der TK-Bereich trotz wachsender Stückzahlen und boomenden Techniken. "Wenn man seine Handys verschenkt, darf man sich nicht wundern, dass der Umsatz ausbleibt", meinte der Bitkom-Chef. Darüber hinaus seien Umsätze bei Sprachdiensten in den Fest- und Mobilfunknetzen trotz wachsender Minutenzahlen rückläufig. Doch sei die Branche in Bewegung, Scheer erwartet eine Trendwende bis 2009. Derzeit würde die Branche ihre Preismodelle überprüfen. Impulse verspricht sich der Bitkom von neuen Angeboten wie mobilem Fernsehen oder IPTV.

Die digitale Unterhaltungselektronik trug 2007 mit 11,6 Milliarden Euro 8,2 Prozent zum Branchenumsatz bei, Tendenz hier ebenfalls steigend, auch wenn sich das Wachstum nach dem initialen Boom deutlich auf 2,4 Prozent (2008) und 2,1 Prozent (2009) abschwächen dürfte. Das sei "nicht ungewöhnlich", meinte Scheer, der sich weiter positive Impulse von der Branche verspricht.

Die Entwicklung des Arbeitgebers IT-Branche ist laut Scheer "insgesamt Gott sei Dank noch positiv". Unterm Strich seien trotz des massiven Stellenabbaus in einigen Unternehmen und der Verlagerung von Standorten ins Ausland im vergangenen Jahr rund 3000 Arbeitsplätze mehr geschaffen worden. 2007 seien in der Branche 806.000 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Der realen Gefahr, dass Arbeitsplätze an billigere ausländische Standorte verlagert werden, müsse man in Deutschland mit einer gezielten Standortstrategie begegnen. Scheer sieht hier auch Politik und Bildung in der Pflicht. Deutschland müsse sich als Ziel setzen, die führende IT-Nation Europas zu werden und international in die Top 5 vorzustoßen.

Der Bitkom fordert dafür eine koordinierte Bildungs- und Wirtschaftspolitik, die Talente fördert und Unternehmensgründungen ermöglicht. Junge Unternehmen sollten gezielt an den Weltmarkt herangeführt werden. Deutschland dürfe sich nicht damit zufrieden geben, Nettoimportland für IT-Produkte zu sein, sondern müsse sich als Land der Entwicklung und Innovation positionieren. Der Bund könne mit seinem jährlichen IT-Investitionsvolumen von 10 Milliarden Euro da eindeutig Impulse setzen und "Katalysator" für Innovationen sein. Auch müsse vor allem das Potenzial des Nachwuchses genutzt werden. Scheer forderte erneut, Bildungsschranken abzubauen sowie den Zugang von Frauen zu Branchenberufen zu erleichtern und damit dem Fachkräftemangel gegenzusteuern. (vbr)