Infektionsschutzgesetz: Krankenhäuser können "Daten-Utopien" nicht erfüllen
Nach Infektionsschutzgesetz sollen Krankenhäuser auch Daten zur Coronalage mitteilen. Mit bereitgestellter Software und Schnittstelle sei das aber unmöglich.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält es zum jetzigen Zeitpunkt nicht für möglich, die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geforderten Daten zu liefern. Über die DEMIS-Anbindung (Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz) sollen Krankenhäuser den Gesundheitsämtern unter anderem Daten zur Bettenbelegung bereitstellen. Derzeit hätten die Krankenhäuser "keine Möglichkeit, die im Gesetz vorgesehenen verpflichtenden Datenlieferungen vollständig zu erfüllen".
Die Frist wurde laut Ärzteblatt aufgrund einer "möglicherweise zu erwartenden Herbst- beziehungsweise Winterwelle" vom ursprünglich geplanten 1. Januar 2023 auf den 17. September 2022 vorgezogen. Zur Verfügung stehe DEMIS zwar seit März dieses Jahres, allerdings werde die Schnittstelle wohl erst von einem Bruchteil der Krankenhäuser genutzt. Details dazu will die DKG noch liefern.
Mit der vom Bund bereitgestellten Software und der digitalen Anbindung sei es "nicht leistbar", täglich Daten an die Gesundheitsämter zu übermitteln. Seit Monaten habe die DKG in Arbeitsgruppen immer wieder auf die Möglichkeiten und Grenzen der Datenlieferungen hingewiesen. Dabei hätten wöchentlich neue Forderungen der BMG-Leitung die vorliegende Gesetzgebung "massiv belastet und überfordert".
Lauterbach für "andauernde Misere" verantwortlich
Die DKG will "nicht zulassen, dass das Bundesgesundheitsministerium mit diesem Gesetz der Öffentlichkeit suggeriert, dass ab dem 17. September 2022 alle Krankenhäuser den geforderten umfassenden Datenkranz liefern, obwohl dies teilweise weder objektiv technisch noch vom manuellen Aufwand her leistbar ist." Die Verantwortung für die "andauernde Misere" sieht die DKG bei dem Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach.
Vor allem die Belegungsdaten vom Wochenende werden die Krankenhäuser erst liefern können, wenn die Schnittstellen zwischen Krankenhausinformationssystem (KIS) und dem DEMIS-Meldeportal zur Verfügung stehen. Ebenfalls würden auch Rehabilitationskliniken, Tageskliniken und psychiatrische Fachkliniken abgesehen von den Meldungen zu Infektionskrankheiten keine Daten zur Bettenbelegung liefern können.
Daten mit gegebenen Mitteln nicht wie gefordert lieferbar
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft weist darauf hin, dass die von der Politik geforderten Daten auch über den Jahreswechsel hinaus "nicht oder nur in abweichender Form" gemeldet werden können. So kann unter anderem die Anzahl der betreibbaren Betten nicht täglich, sondern wöchentlich und lediglich bei "signifikanten Datenänderungen" gemeldet werden.
Zudem können die Krankenhäuser nicht flächendeckend und differenziert melden, ob Menschen mit oder an Corona verstorben sind. Ebenso ist es mit der zur Verfügung gestellten Schnittstelle und Software nicht möglich, zu melden, ob Personen mit oder wegen Corona ins Krankenhaus aufgenommen wurden. Dazu werden gezielte Studien in ausgewählten Krankenhäusern durchgeführt.
Weiterhin fordert die DKG "mit Nachdruck, die sofortige und ersatzlose Integration der Datenmeldungen aus dem Bereich der Intensivversorgung" – DIVI-Intensivregister – sobald diese Daten automatisiert aus dem KIS an das DEMIS-Portal gemeldet werden können.
Von der Politik verlangt die Krankenhausgesellschaft, "jegliche Sanktionen [...] zu unterlassen", die Krankenhäusern drohen, sofern sie die Daten nicht wie vom BMG festgelegt liefern. Die DKG will alle Krankenhäuser bei Sanktionen durch Gesundheitsämter unterstützen, die die Krankenhäuser demnach mit bis zu 25.000 Euro täglich zusätzlich belasten könnten.
(mack)