Infineon holt zum Befreiungsschlag aus

Noch vor Kurzem stand der deutsche Halbleiterhersteller mit dem Rücken zur Wand. Nach dem Verkauf der Breitbandchipsparte und mit der bevorstehenden Kapitalerhöhung hat Infineon nun wieder Spielraum.

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Von
  • dpa

Der schuldengeplagte Halbleiterhersteller Infineon holt zum Befreiungsschlag aus. Noch Anfang der Woche stand das Unternehmen wegen kurzfristig fälliger Schulden von fast 700 Millionen Euro mit dem Rücken zur Wand. Innerhalb weniger Tage hat sich die Lage nun gedreht. Am Mittwoch gab Infineon den Verkauf seiner Sparte für drahtgebundene Kommunikationschips bekannt, die rund 250 Millionen Euro bringen soll. Zwei Tage später holte Vorstandschef Peter Bauer nun zum nächsten Coup aus. Eine kräftige Kapitalerhöhung soll zusätzlich bis zu 725 Millionen Euro in die Unternehmenskasse spülen. Sollte dies alles wie geplant über Bühne gehen, hätte Infineon wieder Spielraum.

Die Börse spendete am Freitag daher erst einmal Applaus. Am Nachmittag stand die Aktie gut 4,6 Prozent im Plus bei 2,70 Euro. "Aus finanzieller Sicht ist die Kapitalerhöhung zu begrüßen", sagte Independent-Research-Analyst Jens Hasselmeier. "Infineon dürfte damit sein Finanzierungsproblem im kommenden Jahr gelöst haben." Es bleiben allerdings zwei Unbekannte in der Gleichung. Zum einen braucht Infineon eine schnelle Erholung des zuletzt arg gebeutelten Chipmarktes, um operativ dauerhaft in die schwarzen Zahlen zu kommen. Zum anderen steigt mit der Kapitalerhöhung voraussichtlich ein neuer Großaktionär bei Infineon ein: Der US-Finanzinvestor Apollo.

Infineon will bis zu 337 Millionen Aktien zu 2,15 pro Stück ausgeben. Die Papiere werden zunächst den Altaktionären angeboten. Für den Fall, dass deren Interesse nicht groß genug ist, soll Apollo einspringen und maximal 30 Prozent minus einer Aktie an Infineon übernehmen. Als Minimalziel haben sich die neuen Investoren 15 Prozent vorgenommen. Sollte dies klappen, wollen sie auch den Aufsichtsratschef stellen und einen weiteren Vertreter in das Gremium entsenden. Wenn allerdings alle Altaktionäre mitziehen, schaut Apollo in die Röhre. "Wenn weniger als 15 Prozent bleiben, könnte Apollo sich zurückziehen", sagt ein Branchenkenner. Infineon dürfte es allerdings egal sein, ob das Geld von den Altaktionären oder von Apollo kommt.

Bei Apollo hielt man sich am Freitag zu den weiteren Plänen bedeckt. Von dort hieß es lediglich, man freue sich auf die Zusammenarbeit mit Infineon. In Branchenkreisen hieß es, Apollo habe dem Infineon-Management ein langfristiges Interesse an dem deutschen Halbleiterkonzern versichert. Weder die Fusion mit einem anderen Unternehmen noch die Filetierung sei geplant. Vorstandschef Peter Bauer und seine Mannschaft blieben im Amt. "Das Management bleibt und wird Unterstützung bekommen", sagt ein Kenner der Materie. Mitreden wolle Apollo aber schon. "Es ist schon so, dass man einen gewissen Einfluss auf die Unternehmensleitung bekommen will."

Analyst Hasselmeier bleibt zunächst zurückhaltend. Es müsse sich zeigen, was Apollo, das auf Unternehmen in Umbruch-Situationen spezialisiert sei, mit Infineon vorhabe, sagt er. "Nach Jahres des wenig erfolgreichen Krisenmanagements ist es wünschenswert, dass ein externer Spezialist wie Apollo mit einer einheitlichen Linie das Ruder übernimmt." Denn die ehemalige Siemens-Sparte Infineon kämpft seit langem mit Problemen. Noch einem vielversprechenden Start an der Börse im Jahr 2000 ging es steil bergab: Die Internet-Blase platzte, mit dem Handyhersteller BenQ Mobile ging ein Großkunde pleite, hinzu kam vor kurzem die Insolvenz der Speicherchip-Tochter Qimonda. Jahr für Jahr türmte der Konzern Verluste auf, zuletzt 3,1 Milliarden Euro. Im März folgte der Abstieg aus dem DAX.

Für Marco Günther, Analyst bei der Hamburger Sparkasse, setzt Infineon mit der Kapitalerhöhung daher ein positives Zeichen. "Infineon kann jetzt erst einmal durchatmen und verschafft sich finanziell Luft." Gleichzeitig ist der Experte aber skeptisch für die weitere Entwicklung des Unternehmens. "Infineon spielt in seinen Märkten nur eine kleine Rolle und hat auch in Boom-Zeiten nie Geld verdient. Langfristig ist immer noch die Frage offen, ob sie noch ernsthaft im Markt mitmischen können." (Stefan Bauer, dpa-AFX/Michael Friedrich, dpa) / (vbr)