Infineon steigt aus erster Börsenliga ab
Eine einzelne Aktie des einzigen Vorzeige-Technologiekonzerns ist mittlerweile nicht einmal 50 Cent wert. In etwa drei Wochen fällt der Chiphersteller aus dem DAX heraus und wird dann im TecDAX notiert.
Es ist nur ein Zwischenschritt in einem seit Jahren andauernden Niedergang, aber einer mit Symbolkraft: Deutschlands einstiger Vorzeige-Technologiekonzern Infineon fliegt aus der ersten Börsenliga DAX. Landen werden die Münchner in nicht ganz drei Wochen im TecDAX. Dort tummeln sich einige in der Öffentlichkeit weniger bekannte Unternehmen.
Den Börsenwächtern blieb gar keine andere Wahl, als den Konzern aus dem prestigeträchtigen DAX zu verbannen. Nicht einmal 50 Cent ist eine einzelne Aktie mehr wert, das ganze Unternehmen nur noch 360 Millionen Euro. Zum Vergleich: DAX-Spitzenreiter Volkswagen bringt es auf rund 60 Milliarden Euro und selbst eine von der Finanzkrise schwer gezeichnete Commerzbank noch auf deutlich mehr als 2 Milliarden Euro.
Dabei hatte Infineons Geschichte so erfolgversprechend angefangen: Siemens gliederte seine Chip-Sparte aus und brachte sie im Jahr 2000 unter dem Kunstnamen Infineon an die Börse. Mit einem Rennwagen fuhr der damalige Konzernchef Ulrich Schumacher an der Wall Street vor, die Anleger griffen reihenweise zu. Die zu 35 Euro unters Volk gebrachten Aktien schossen in die Höhe und waren zwischenzeitlich mehr als 80 Euro wert.
Doch dann ging es steil bergab: Die Internet-Blase platzte, eine Affäre um Bestechungszahlungen an den Vorstand erschütterte das Unternehmen, mit dem Handyhersteller BenQ Mobile ging ein Großkunde pleite, Management-Fehler potenzierten das Desaster. Jahr für Jahr türmte Infineon Verluste auf, zuletzt 3,1 Milliarden Euro, Gewinne waren die Ausnahme. Und auch für dieses Jahr hat der amtierende Konzernchef Peter Bauer bereits rote Zahlen vorausgesagt. "Die horrenden Verluste des letzten Jahres erschüttern selbst krisenerprobte Infineon-Aktionäre", konstatierte jüngst Aktionsschützerin Daniela Bergdolt.
Bisheriger Tiefpunkt war die Insolvenz der Speicherchip-Tochter Qimonda, die Infineon 2006 aus dem Konzern herausgelöst und zu knapp einem Viertel an die Börse gebracht hatte. Eingebrochene Speicherchip-Preise hatten das Unternehmen in den Abgrund gerissen und damit indirekt auch Infineon schwer belastet. Wenn sich kein Investor findet, könnten bei Qimonda schon bald alle 12.000 Mitarbeiter auf der Straße stehen.
Bei Infineon selbst muss jeder zehnte der 30.000 Mitarbeiter gehen. Von den verbliebenen sind viele in Kurzarbeit, weil die Wirtschaftsflaute das Geschäft hat einbrechen lassen. Und selbst diejenigen, die noch genug zu tun haben, müssen auf Gehalt verzichten. "Die Stimmung ist unterirdisch", sagt ein Mitarbeiter. Von einer existenzbedrohenden Situation, wie sie manche Analysten sehen, will Konzernchef Bauer aber nichts wissen: "Wir werden alles tun, um das Unternehmen aus der Krise zu führen." (Daniel Schnettler, dpa-AFX) / (anw)