Innenminister: Vorratsdatenspeicherung muss kommen

Die Innenministerkonferenz drängelt beim Einführen einer Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen. Cybermobbing soll ein eigener Straftatbestand werden.​

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(Bild: vchal/Shutterstock.com)

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Weiter Druck auf die Bundesregierung, Internetnutzer anlasslos zu überwachen, macht die Innenministerkonferenz (IMK). "Die Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen muss endlich eingeführt werden", betonte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) beim Abschluss des Treffens der Innenminister von Bund und Ländern am Freitag in Potsdam. "Das sind wir den Opfern von Terror, sexuellem Missbrauch und anderen Formen von Hass und Gewalt schuldig." Damit deutete der Vorsitzende zugleich an, dass der Zugriff auf die verdachtsunabhängig aufbewahrten Internetkennungen nebst Portnummern bei einer ganzen Palette von Straftaten möglich sein sollte. Bisher begründete Stübgen den Appell vor allem damit, "dass wir unsere Möglichkeiten, Kinder vor solch schrecklichen Verbrechen zu schützen, nicht ausschöpfen".

Die IMK sehe "das Quick-Freeze-Verfahren von Telekommunikationsdaten als unzureichend an", führte Stübgen nun aus. Er verdeutlichte bildlich: "Denn wo nichts in der Gefriertruhe ist, kann auch nichts eingefroren werden." Schon im April hob der Christdemokrat im Namen seiner Amtskollegen hervor: "Auch der Europäische Gerichtshof hält die Vorratsdatenspeicherung für notwendig, um die Identität eines Täters zu ermitteln, der Kinderpornografie erworben, verbreitet, weitergegeben oder im Internet bereitgestellt hat."

Prinzipiell hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) wiederholt eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung verworfen. Das allgemeine und unterschiedslose Aufbewahren von IP-Adressen kann neueren Urteilen der Luxemburger Richtern zufolge aber "zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Bekämpfung schwerer Kriminalität und zur Verhütung schwerer Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit für einen auf das absolut Notwendige begrenzten Zeitraum" zulässig sein.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legte schon vor über anderthalb Jahren einen Vorschlag für das Einfrieren von Verkehrsdaten im Verdachtsfall vor. Auch laut anderen Liberalen ist dieses Quick Freeze "rechts-, zielsicher und grundrechtsschonend". Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kämpft indes für eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen und Portnummern und blockiert Buschmanns Entwurf so seit Langem. Sie erhält dabei Unterstützung aus den Reihen der Sozialdemokraten.

Ferner hat sich IMK für einen eigenen Straftatbestand bei Cybermobbing ausgesprochen. Die eigentlich zuständige Justizministerkonferenz soll demnach prüfen, ob ein entsprechender Schritt notwendig sei oder geltende Strafvorschriften angepasst werden müssten. Mobbing im virtuellen Raum etwa über Beleidigungen, Bedrohungen oder das Bloßstellen in sozialen Medien "ist ein wachsendes Phänomen, das bisher unterschätzt wird", begründete Stübgen diese Initiative. Dabei führe es "für die Opfer zu schwerwiegenden Auswirkungen in vielen Lebensbereichen". Im digitalen Raum würden Beleidigungen mitunter von Hunderten von Menschen wahrgenommen. Laut einer aktuellen Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird eins von sechs Schulkindern Opfer von Cybermobbing.

Der Bundestag beschloss bereits 2021 einen Gesetzentwurf, mit dem er das Strafgesetzbuch (StGB) änderte und so einen effektiveren Kampf gegen Nachstellungen ermöglichen sowie Online-Stalking besser erfassen wollte. Neben dem unbefugten Ausspähen von Daten wird damit etwa das Abfangen von Informationen erfasst. Besonders intensives und länger andauerndes Stalking muss staatlich verfolgt werden. Bei solchen besonders schweren Fällen, zu denen auch der Einsatz von "Stalkerware" zählt, droht bis zu fünf Jahren Haft. Strafbar ist auch schon das Veröffentlichen intimer Fotos ehemaliger Beziehungspartner.

Die EU-Kommission schlug 2022 vor, Cyberstalking und -mobbing, die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimen Bildern und das Aufstacheln zu Hass oder Gewalt im Internet EU-weit unter Strafe zu stellen. Sie hat dafür "Mindesthöchststrafen" von bis zu zwei Jahren Gefängnis ins Spiel gebracht.

Auch Opfer häuslicher Gewalt wollen die Innenminister besser geschützt wissen und Täter abschrecken. Es soll daher eine "bundeseinheitliche gesetzliche Regelung" zum Einsatz elektronischer Fußfesseln geben. Das Instrument soll Alarm schlagen, wenn der Träger als verurteilter Gewalttäter ein Kontakt- oder Näherungsverbot missachtet. Diese Maßnahme ist schon deswegen umstritten, weil sie nicht von Gerichten angeordnet wird, sondern von den Polizeien der Länder selbst. Die Bestimmungen dazu sind zwischen den Ländern aber unterschiedlich. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) unterstrich, es gehe auch darum, mit verpflichtenden Anti-Gewalt-Trainings für die Täter Frauen zu schützen.

(mki)