Intels Shelton tritt gegen die VIA-EPIA-Stromspar-Mainboards an

Mit dem noch nicht offiziell vorgestellten Mini-Mainboard D845GVSH mit fest aufgelötetem Prozessor kontert Intel die erfolgreiche EPIA-Baureihe des taiwanischen Konkurrenten VIA.

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Mit dem noch nicht offiziell vorgestellten Mini-Mainboard D845GVSH mit fest aufgelötetem Prozessor kontert Intel die erfolgreiche EPIA-Baureihe des taiwanischen Konkurrenten VIA.

Bisher gibt es zu dem Mainboard D845GVSH, das anscheinend unter dem Codenamen Shelton entwickelt wurde (daher wohl auch die Buchstaben "SH" in der Typenbezeichnung), auf dem Intel-Server nur eine Product Change Notification vom April, die keine technischen Details enthält. Die Webseite HKEPC aus Hongkong hat aber bereits ein Produktmuster getestet und erste technische Details zum Prozessor, zur Ausstattung und zur Systemleistung veröffentlicht.

Wenn das D845GVSH von Intel tatsächlich so auf den Markt kommt wie von HKEPC getestet, dann handelt es sich um ein Mainboard im Flex-ATX- oder Mini-ITX-Format mit dem grafikfähigen Chipsatz iD845GV und einem passiv gekühlten 1-GHz-Prozessor mit dem Banias-Kern (CPUID 0695h) von Pentium M und Celeron M, der aber ohne L2-Cache auskommen muss. Der Prozessor im BGA-Gehäuse ist fest mit dem Mainboard verlötet. Die Platine bietet nur wenig Ausstattung: Vorhanden sind ein analoger VGA-Anschluss, ein Soundchip, ein PCI-Steckplatz, ein DDR-DIMM-Steckplatz, 100-MBit-LAN, PS/2- und USB-2.0-Ports, ein IDE-Kanal und ein Floppy-Laufwerk-Anschluss. Es fehlen parallele und serielle Ports und Zusatzfunktionen wie FireWire, TV-Out, SPDIF-Port oder Serial ATA.

Nach den Messungen von HKEPC arbeitet Intels 1-GHz-Prozessor trotz fehlendem L2-Cache in einigen Benchmarks erheblich schneller als der VIA C3 bei 1 GHz und wird nur unwesentlich wärmer, obwohl er ohne Lüfter auskommt. Auch der Grafikprozessor des i845GV arbeitet demnach flotter als die "Castle-Rock"-Grafik im CLE266.

Bisher führt Intels Webseite auch im Embedded-Angebot keinen vergleichbaren Prozessor auf. Auch die Kombination eines Banias-Kerns mit dem Chipsatz i845GV war bisher unbekannt, wegen des Pentium-4-ähnlichen FSB400 des Banias ist dies aber offenbar machbar -- für den Blade-Server-Einsatz hat Intel auch die Kopplung des Pentium M mit dem E7501 validiert, der zwei RAM-Kanäle für Registered-ECC-DIMMs mit der CPU verbindet.

Wichtige Fragen bleiben aber noch offen, vor allem die nach Preis und Verfügbarkeit. Während die VIA-EPIA-Mainboards mit 1-GHz-Prozessor, CLE266-Chipsatz und wesentlich besserer Ausstattung ab etwa 140 Euro zu haben sind, verlangt Intel für einen Low-Voltage-Celeron-M mit 900 MHz bereits einen 1000-Stück-OEM-Preis von 161 US-Dollar, also umgerechnet etwa 135 Euro. Der vor zwei Jahren eingeführte Chipsatz dürfte nochmals mit über 20 US-Dollar zu Buche schlagen.

Das von HKEPC vorgestellte Board ist augenscheinlich für den Betrieb an einem ATX-Netzteil ausgelegt -- Industrie-Mainboards wie das Lippert Thunderbird oder das Commell LV-671 kommen mit ein oder zwei Betriebsspannungen aus. Außerdem scheint Intel gewöhnliche Elektrolytkondensatoren zu verwenden statt spezieller Typen für den Industrieeinsatz bei höheren Temperaturen. Das deutet ebenso wie die Wahl des Chipsatzes und der Verzicht auf L2-Cache darauf hin, dass das Unternehmen einen möglichst günstigen Verkaufspreis anstrebt.

Intel scheint VIA den Markt der preiswerten Embedded-Boards nicht länger allein überlassen zu wollen. Mit der vor zweieinhalb Jahren eingeführten EPIA-Baureihe hat VIA einen Überraschungserfolg gelandet: Aufgrund ihrer günstigen Preise kommen die Platinchen vielerorts zum Einsatz, wo man zuvor auf wesentlich teurere Industrie-Mainboards zurückgreifen musste -- obwohl VIA zunächst die eigentlich für Embedded-Produkte üblichen Anforderungen (etwa erweiterter Temperaturbereich, lange Verfügbarkeit) nicht erfüllen konnte, nur eine unzureichende öffentliche Dokumentation pflegt und immer wieder lange angekündigte Produktneuheiten (etwa C3 1,0 GHz mit Passivkühlung oder den CN400-Chipsatz) erst mit deutlicher Verspätung ausliefern kann.

Intel hat dieses Marktsegment fast zwei Jahre links liegen lassen, schickt sich aber nun offenbar an, hier aufzuholen. Ganz ähnlich hat sich Intel übrigens mit seinen Low-Voltage-Prozessoren verhalten: Erst nachdem Transmeta den Crusoe herausgebracht hatte, konnte Intel plötzlich auch Ultra-Low-Voltage-Prozessoren liefern. (ciw)