Intels neuer CEO soll von außen kommen
Der US-Chipriese hat offenbar schon ein paar Kandidaten für den Top-Job. Zugleich wägt Intel seine Optionen ab, wie es sich aus der Krise befreien kann.
Nach der überraschenden Entlassung von CEO Pat Gelsinger am Montag sucht Intel einen Nachfolger. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat der Verwaltungsrat dabei einige externe Kandidaten im Blick: Lip-Bu Tan von Cadence Design Systems, der im Sommer im Streit über Intels Ausrichtung aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden war, und Matt Murphy, CEO von Chiphersteller Marvell Technologies.
Dem Vernehmen nach hat Intel eine Headhunter-Firma mit der Suche nach dem neuen CEO beauftragt. Die Suche sei noch in einer frühen Phase und kein Kandidat ein Favorit, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Unternehmenskreise. Demnach soll sich die Suche auf externe Kandidaten konzentrieren.
Kandidatensuche
Bisher hatten Intel-CEOs meist ausreichend Stallgeruch. Die Ausnahme: Bob Swan. Er übernahm den Führungsposten nach dem Rücktritt von Brian Krzanich zunächst interimsweise und wurde dann 2019 offiziell inthronisiert. Schon unter Swan hatte Intel Probleme, die ab 2021 Pat Gelsinger lösen sollte.
Tan blickt auf eine lange Karriere in der Branche zurück. Der ehemalige CEO der Chipdesign-Firma Cadence Designs Systems gehörte dem Verwaltungsrat von Intel seit 2022 an und hatte das Gremium im August nach Streit über Gelsingers Kurs verlassen. Cadence Design Systems entwickelt Software und Hardware für das Design von Halbleitern.
Für Gelsingers Plan, Intel auch zu einem führenden Chip-Auftragsfertiger zu machen, brachte Tan einiges Knowhow mit. Über die konkrete Ausgestaltung herrschte aber Streit in Intels Führungsetage. Tan vermisste offenbar die Wertschätzung seiner jahrelangen Erfahrung – und schmiss im August hin.
Murphy ist als CEO des Chipherstellers Marvell ein weiterer Kandidat für den Spitzenjob bei Intel. Am Dienstag hat Marvell seine Quartalszahlen vorgelegt, die besser als erwartet ausfielen. Das Unternehmen blickt zuversichtlich auf das restliche Geschäftsjahr – der Aktienkurs zog spürbar an.
Nach Gelsingers Abgang werden bei Intel die Karten neu gemischt. Bisher waren etwa Pläne, das Unternehmen aufzuspalten, am Widerstand des CEO gescheitert. Jetzt scheint alles wieder auf dem Tisch zu liegen. Welchen Kurs Intel nun einschlagen wird, ist unterdessen noch völlig offen.
Option Aufspaltung
Medienberichten zufolge hat der Verwaltungsrat in den vergangenen Monaten eine Reihe von Optionen diskutiert. Eine davon: Die Aufspaltung von Intel in Chipdesigner und Auftragsfertiger. Gelsinger war dagegen. Während die Design-Sparte für Investoren attraktiv sein dürfte, halten Beobachter die Foundry für nicht so leicht verkäuflich.
Auch ein Verkauf des gesamten Unternehmens wurde offenbar diskutiert. Qualcomm hatte Interesse signalisiert, das aber zuletzt wieder abgekühlt war. Sollte sich Intel jetzt doch dazu durchringen, einige Unternehmensteile zu verkaufen, dürfte Qualcomm zumindest doch noch einen Blick riskieren.
Kandidaten für einen Verkauf von Unternehmensteilen sind etwa Altera oder Mobileye. Intel hatte den FGPA-Spezialisten Altera 2015 übernommen, dann vollständig integriert und im Frühjahr 2024 wieder abgespalten – offensichtlich mit dem Ziel, Altera zu verkaufen. Mobileye, das Systeme für autonome Fahrzeuge entwickelt, hatte Eigner Intel 2022 wieder an die Börse gebracht.
Es ist sicher kein Zufall, dass sich in dieser Gemengelage die Finanzchefin von Nvidia zu Wort meldet und mögliche Übernahmen ins Spiel bringt. Das Unternehmen boomt dank KI und sitzt auf einem Riesenhaufen Geld, das investiert werden will. Das könnte auch "eine Art von Fusion oder Übernahme" sein, sagte Colette Kress auf einer Investorenkonferenz am Dienstag.
Auch auf Deutschland wirkt sich Intels Krise aus: Die mit Milliardensubventionen der Bundesregierung geplante Chipfabrik bei Magdeburg wird vorerst nicht gebaut. Noch unter Gelsinger wurden die Pläne auf Eis gelegt. Nur für zwei Jahre, hieß es noch im September. Jetzt herrscht Krise und Intel sucht einen neuen Chef sowie eine neue Strategie. Magdeburg muss warten.
(vbr)