Juristisches Gezerre um Fusion lähmt Mobilcom

Eine neue Prozess-Runde steht an im Streit um die Verschmelzung von Mobilcom mit der Internet-Tochter Freenet.de zu einem der größten Telekommunikationsunternehmen Deutschlands.

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Von
  • Carsten Maltzan
  • dpa

Das Landgericht Kiel verhandelt am kommenden Dienstag über die Zukunft eines der größten deutschen Telekommunikationsunternehmen. Die Richter müssen entscheiden, ob der Büdelsdorfer Telefonkonzern Mobilcom AG mit seiner Hamburger Internettochter Freenet.de AG verschmelzen darf. Die Hauptversammlungen beider Unternehmen hatten der Fusion bereits zugestimmt. Doch einzelne Aktionäre klagten gegen die Beschlüsse und blockierten so die Pläne. Turbulenzen gab es auch um angebliche Pläne des Großaktionärs Texas Pacific Group, den fusionierten Konzern durch eine große Ausschüttung von 0,8 bis 1,0 Milliarden Euro auszubluten. Der Texas Pacific Group (TPG), die solche Pläne bestreitet, eilte ein besonders negativer Ruf voraus: Hatte TPG doch bei dem gesunden sauerländischen Sanitär-Hersteller Grohe Arbeitsplätze gestrichen und so erst den damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering auf das Thema der "Heuschrecken" gebracht: So titulierte der heutige Arbeitsminister und Vizekanzler , angelsächsische Investmentgesellschaften, die angeblich deutsche Unternehmen aussaugen. TPG war auch durch ihre Beteiligung am britischen Flug-Caterer Gate Gourmet in die Öffentlichkeit geraten, wo die Gesellschaft einen Streik am Londoner Flughafen Heathrow verursachte.

Vorstand, Mitarbeiter und Aktionäre von Mobilcom respektive Freenet.de warten nun seit rund einem Jahr auf die Freigabe der Fusion. Durch die Zusammenführung der beiden Firmen zur telunico Holding AG soll die Schlagkraft auf dem hart umkämpften Telekommunikationsmarkt erhöht werden. Mobilcom ist mit mehr als 4,5 Millionen Kunden der zweitgrößte Mobilfunkprovider Deutschlands, Freenet liegt mit 775.000 DSL-Kunden deutlich hinter der Telekom, Arcor und United Internet.

Aber selbst mit einer positiven Entscheidung des Gerichts wäre die monatelange Hängepartie für beide Unternehmen möglicherweise noch nicht beendet. "Man muss damit rechnen, dass die unterlegene Partei in die Berufung geht", erklärt der Sprecher des Landgerichts Kiel, Peter Döbel.

Dabei hat die Verzögerung bei der geplanten Verschmelzung schon Spuren im operativen Geschäft hinterlassen. "Wir haben einen Stück des Vorsprungs, den wir gegenüber unseren Mitbewerbern hatten, verloren", räumt der Vorstandschef der Mobilcom AG, Eckhard Spoerr, ein. Die telunico sollte das erste Telekommunikationsunternehmen auf dem Markt sein, das Festnetztelefon, Internet und Mobilfunk aus einer Hand anbietet. Inzwischen hat beispielsweise der Marktführer Telekom seine Internettochter T-Online erfolgreich in den Mutterkonzern zurückgeholt und ist den Büdelsdorfern nun eine Nasenlänge voraus. Allerdings dauerte auch dieses Verfahren Monate und ging durch alle gerichtlichen Instanzen.

Spoerr ist dennoch optimistisch, dass das Landgericht seine Bedenken aufgibt und am Ende die Verschmelzung ermöglicht. "Mobilcom hat eine vertiefende Stellungnahme eingereicht und ist zuversichtlich, die Vorbehalte des Gerichts ausräumen zu können", erklärt der Vorstandschef, der sich auch mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insiderhandel auseinandersetzen muss. Seine Hoffnung stützt Spoerr auch auf die Entscheidung, die das Landgericht Hamburg vor wenigen Tagen gefällt hat: Die Richter der Hansestadt wiesen die Anfechtungsklagen einiger Freenet-Aktionäre zurück. Auch wenn der Richterspruch noch keine Rechtskraft hat, sieht Spoerr darin eine Vorentscheidung für die Verhandlung am Dienstag. "Der erste Meilenstein ist erreicht, und der ist positiv", stellt er fest. Aufgeregt ist der Vorstandsvorsitzende trotzdem: "Für uns steht viel auf dem Spiel." (Carsten Maltzan, dpa) / (jk)