KI-Kommission des Bundestags: Verweigern ist keine Option

Seite 2: KI-Kompetenz leichter ausbauen

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Das Gremium fordert einen einfachen Zugang zu Weiterbildungs- und Beratungsangeboten, um die eigene KI-Kompetenz ausbauen zu können. Letztlich müssten in Personalfragen weiter Menschen entscheiden. Uneins war sich die Kommission, wie die Sozialsysteme angepasst und etwa auf Solo-Selbständige und Beschäftigte über Online-Plattformen ausgedehnt werden sollten, sodass es dazu sogenannte Sondervoten einzelner Fraktionen gibt.

Um Vorverurteilungen durch KI entgegenzuwirken, raten die Verfasser, den Transfer bereits bestehender Forschungserkenntnisse zu diesem Aspekt in den Software-Entwicklungsalltag zu fördern. Individuen müssten in die Lage versetzt werden, sich gegen Diskriminierung durch die Technik zu wehren. Dazu erforderlich sei ein "Anspruch auf Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen", damit diese gerichtlich überprüft werden könnten.

Mit Blick auf Daten fordert die Kommission unter anderem den Aufbau einer europäischen Infrastruktur und verweist auf die Pläne für das Cloud-Projekt Gaia-X. Zudem soll Unternehmen der Zugang zu und das Teilen von Daten erleichtert werden, wozu das Kartell- sowie das Wettbewerbsrecht angepasst werden müsste. Dazu kommt der Ruf nach offenen Schnittstellen bei reichweitenstarken Online-Plattformen, über die Journalisten, Wissenschaftler sowie Marktaufsichtsbehörden Zugriff auf deren große Datenpools bekommen und Phänomene wie Social Bots untersuchen können sollen.

Auch der Punkt ökologische Nachhaltigkeit spielt eine Rolle. Hier verlangt das Gremium von der Regierung, KI-Anwendungen zum Nutzen von Umwelt und Klima ambitionierter zu fördern, auszubauen und umzusetzen. die Datenbasis zu positiven und negativen Effekten der Technik etwa auf den Energieverbrauch von Rechenzentren müsse verbessert werden.

Um die Glaubwürdigkeit journalistischer Arbeit zu gewährleisten, spricht sich die Kommission für eine konsequente einheitliche Kennzeichnung KI-generierter Texte aus. Im Kampf gegen "Deep Fakes" sei der Aufbau einer unabhängigen Einrichtung ratsam, die die technische Analyse von Medieninhalten unterstütze. Ursprung, Authentizität und Aussagekraft von Mediendaten müssten in verschiedenen Handlungsfeldern überprüft werden.

Die Auswahl und Ausgabe von Nachrichten werde aufgrund der großen Menge verfügbarer Information oft algorithmisch gesteuert, heißt es weiter. Die Entscheidungen darüber könnten Vielfalt und Charakter des öffentlichen Diskurses bestimmen und damit auch die politische Kommunikation, die Meinungsbildung und Wahlentscheidungen. Persönliche Verhaltensdaten, die für politisches Microtargeting nutzbar sind, sollten daher begrenzt werden.

KI-basierte Upload-Filter sind nach Überzeugung der Teilnehmer zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht geeignet, Urheberrechtsverletzungen im juristischen Sinne oder "Hassrede" sicher festzustellen. Von einem "routinierten Einsatz" solcher Instrumente ohne menschliche Kontrolle und Evaluation sei daher dringend abzuraten, "um die Meinungs- und Informationsfreiheit im Internet auch künftig zu bewahren".

KI, aber auch die Grundlagen dafür wie Mathematik, abstraktes Denken, Verständnis für gesellschaftliche Auswirkungen, müssten in die Lehrpläne aller Schularten einziehen, lautet ein weiterer Tipp. Informatik müsse Pflichtfach werden. Kompetenzen zu KI und Algorithmik sollten jahrgangsstufengerecht daneben auch als Querschnittsthema im gesamten Fächerkanon aufgenommen werden. Schulen sowie Universitäten müssten Angebote entwickeln, die Mädchen und junge Frauen für Informatik und KI interessieren und ihnen Gestaltungsmöglichkeiten mitgeben.

Vertreter fast aller Fraktionen werteten die Arbeit der Kommission insgesamt als Erfolg. Es gehe nun vor allem darum, dass die Regierung die Ideen nicht in der Schublade verschwinden lasse, wie dies vielfach bei der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" 2013 der Fall gewesen sei. Grüne und Linke monierten, dass das Gremium meist hinter verschlossenen Türen getagt und die Chance auf eine größere gesellschaftliche Debatte so verpasst habe.

"Die gesellschaftspolitischen Kollateralschäden von KI-getriebenen sozialen Netzwerken und Medienplattformen erfahren im Bericht keine angemessen starke Gewichtung", bedauerten die Grünen-Mitglieder Anna Christmann und Dieter Janecek. Ein Kernproblem für die Demokratie sei so nicht hinreichend beleuchtet worden. Die Linke hat besonders viele Sondervoten abgegeben. Sie stimmte gegen die Kapitel zu Ethik sowie Wirtschaft und enthielt sich zum restlichen Teil.

Veröffentlicht hat die Kommission zunächst eine Kurzfassung ihrer Ergebnisse. Ebenfalls bereits verfügbar sind über die Homepage des Gremiums die vorläufigen Resultate der einzelnen Projektgruppen. Der gesamte Abschlussbericht soll zeitnah publiziert werden – ihm fehlt noch die offizielle Drucksachen-Nummer des Bundestags.

(mho)