KI zur Code-Generierung – jetzt auch bei Salesforce​

Neben Texterstellung und Bildbearbeitung erweist sich die generative KI vor allem bei der Code-Generierung als besonders vielversprechend.​

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(Bild: Miha Creative/ Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Harald Weiss

In der Softwareentwicklung zeichnen sich bereits erhebliche Auswirkungen durch den Einsatz von generativer Künstlicher Intelligenz (GenKI) ab. Viele Unternehmen, die diese Tools nutzen, berichten über signifikante Produktivitätssteigerungen. Einer McKinsey-Studie zufolge lässt sich mithilfe von GenKI die Softwareentwicklung um den Faktor zwei beschleunigen. Vor allem die Anbieter von Anwendungssoftware und Datenbanksystemen sind auf diesen Zug aufgesprungen und bieten entsprechende Unterstützungen an.

Während Oracle bereits im vorigen Herbst das Generieren von SQL-Abfragen mittels natürlicher Spracheingabe vorstellte, legte Salesforce im Rahmen der kürzlich stattgefundenen TrailblazerDX (Salesforce Developer Conference) mit einem umfangreichen, auf Developer zugeschnittenen Portfolio nach. Hier kommt die Spracheingabe zur Code-Generierung bei Anypoint Code Builder, dem Workflow-Tool Salesforce Flow und der Programmiersprache Apex zum Einsatz. Laut dem Unternehmen lassen sich damit beispielsweise Geschäftsprozesse in natürlicher Sprache formulieren, die dann vollautomatisch in Salesforce Flow abgebildet werden. Auf dieselbe Art soll sich auch Apex-Code erstellen lassen. Der Spracheingabe steht noch eine Auto-Vervollständigung zur Seite, sodass die Formulierung schneller erfolgen kann.

Dabei beschränkt sich die Generierung nicht allein auf Anwendungs-Code: Per Mausklick lassen sich auch die zugehörigen Testszenarien automatisch erstellen. Die sind in der Regel nicht gleich perfekt, sollen aber als Startpunkt dienen, mit dem sich laut Salesforce jede Testumgebung sehr viel schneller einrichten lässt, als wenn Entwicklerinnen und Entwickler bei null anfangen. "Uns geht es nicht darum, Developer und Administratoren überflüssig zu machen, stattdessen wollen wir sie entlasten und ihre Arbeit beschleunigen", betonte Alice Steinglass, Executive Vice President und General Manager der Salesforce-Plattform im Gespräch mit iX.

Steinglass sieht in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Vorteil der Code-Generierung mittels natürlicher Sprache: "Wir wissen, dass noch immer eine Kluft zwischen der Business- und IT-Welt besteht. Mit KI lässt sich diese Kluft endlich überbrücken, denn wenn ich in der Lage bin, einen Workflow oder einen Geschäftsprozess in natürlicher Sprache zu formulieren, dann verstehen ihn beide Seiten und die IT kann direkt mit dem generierten Code weiterarbeiten", ist die Salesforce-Managerin überzeugt.

Sie verdeutlicht das anhand von zwei Beispielen. Beim ersten geht es um ein Mailing, für das eine Reihe an Daten aus dem CRM-System abgerufen werden müssen, um sie dann in entsprechend werblicher Form für eine stark personalisierte E-Mail zu nutzen. Die Vorgehensweise erfordert eine Kombination aus Business-Expertise und IT/Daten-Kenntnissen. Das heißt, es ist jemand erforderlich, der das Geschäft versteht, der also genau weiß, was mit dieser E-Mail erreicht werden soll. Und dann ist jemand erforderlich, der die Daten kennt und weiß, wie man sie abruft. GenKI kann hier die Brücke sein, über die sich beide Seiten ganz konkret verständigen.

Im zweiten Beispiel geht es um Formeln, die ja teilweise sehr kompliziert sein können. Salesforce hat hierzu seine Einstein-Software – darunter das ebenfalls auf der TrailblazerDX vorgestellte Einstein 1 Studio, das bei der Integration von KI in Salesforce-Anwendungen hilft – um die Formulierung von Formeln in natürlicher Sprache erweitert. So können auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Fachbereichen die Formeln "sprechen", aus denen dann neuer Code entsteht. Developer müssen diesen generierten Code anschließend noch prüfen und gegebenenfalls verfeinern, um beispielsweise Ausnahmen besser abzubilden. Auch hier dient GenKI als Brückenelement, um die Kommunikation zwischen Business und Entwicklung zu verbessern.

Silvio Saravese, Executive Vice President und Chief AI Scientist bei Salesforce, geht noch einen Schritt weiter: "Natürliche Sprache bietet die ideale Möglichkeit, um die Hemmschwelle zur Nutzung von IT-Tools zu senken. Das heißt, es geht nicht nur um Programmierung, sondern um jedes Tool und jede komplexe Software – alles kann viel einfacher angewendet werden, wenn es per Spracheingabe genutzt wird."

Aber noch ist nicht alles perfekt – im Gegenteil. Oracle räumt bei seiner SQL-Code-Generierung eine Genauigkeit von lediglich 70 bis 75 Prozent ein. Auch die Salesforce-Manager betonen, dass sich "Developer den generierten Code auf jeden Fall sehr genau anschauen müssen". Inwieweit sich die Code-Generierung weiter perfektionieren lässt, ist ungewiss. Experten gehen jedoch davon aus, dass eine beachtliche Fehlerquote bleiben wird, weil natürliche Sprache nicht eindeutig genug ist – vor allem, wenn es sich um geschachtelte Abfragen mit vielen Ausnahmen handelt.

Salesforce legt deshalb den Fokus bei der zukünftigen Entwicklung nicht so sehr auf die Perfektionierung, sondern vor allem auf das Ausgestalten neuer Rollen. Saravese hat dazu seine eigene Prognose: "Developer werden zu Designern. Das heißt, die KI übernimmt viele der manuellen Aufgaben, während sich Entwicklerinnen und Entwickler aufs Feintuning und auf das Zusammenstellen einzelner Module konzentrieren – so wie ein Komponist die Instrumentierung seines Werkes bestimmt."

Programmieren werde dadurch jedoch nicht überflüssig. Saravese empfiehlt Schulen sogar explizit, weiterhin Programmieren zu lehren. "Programmierkenntnisse sind auch in Zukunft unerlässlich, denn solange man der KI nicht vertrauen kann, muss jeder automatisch erstellte Code manuell überprüft werden – und das geht nur mit profunden Kenntnissen", begründet er seine Einschätzung. Abgesehen davon sei er der Überzeugung, dass das Erlernen einer Programmiersprache auch noch immer die beste Schulung für logisches Denken sei.

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