Kaliforniens Filesharing-Kandidat

An der Gouverneurs-Wahl des bevölkerungsreichsten US-Bundesstaats nimmt mit dem Erfinder des einst als "Napster mit Filmen" bekannten Scour Exchange möglicherweise auch ein P2P-Verfechter teil.

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Von
  • Janko Röttgers

Wenn die Einwohner Kaliforniens am 7. Oktober ihren neuen Gouverneur wählen, dann könnten erstmals Tauschbörsen ins Zentrum des Wahlkampfs gerückt werden. Zu den möglichen Kandidaten für das höchste Amt im Bundesstaat gehört nämlich auch der P2P-Unternehmer Travis Kalanick. Der 26-Jährige gründete im Jahr 1997 die Medien-Plattform Scour.net. Später wurde das Angebot um ein Tausch-Netzwerk namens Scour Exchange erweitert, das kurzzeitig als "Napster mit Filmen" bekannt wurde. Die ursprüngliche Version von Scour Exchange musste Ende 2000 wegen einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit der US-Film- und Musikwirtschaft den Betrieb einstellen. Mittlerweile stellt Kalanick mit seinem neuen Unternehmen Red Swoosh P2P-Vertriebslösungen für Content-Anbieter bereit.

Noch ist sich Kalanick nicht ganz sicher, ob er sich zur Wahl stellen will. Formell hat er bis zum 8. August Zeit, um die nötigen Papiere einzureichen. Nach Angaben aus Kalanicks Umfeld will er jedoch schon früher eine endgültige Entscheidung treffen. Für den Fall einer Kandidatur gibt es nicht nur bereits eine Kandidaten-Website, sondern auch ein rudimentäres Wahlkampf-Team. Dazu gehören unter anderem der MP3-Aktivist David Weekly sowie Angelo Sotira, der unter anderem die Website Gnutella.com betreibt. Die Kampagne soll sich auf die drei Themen Filesharing, Bildung und Wirtschaft konzentrieren. Der Wahlkampf selbst soll im Wesentlichen über das Internet stattfinden.

Möglich werden könnte die ungewöhnliche Kandidatur durch eine erfolgreiche Kampagne der kalifornischen Republikaner, die im Juli per Volksbegehren unter anderem wegen der horrenden Verschuldung von Kalifornien eine Neuwahl des Gouverneurs durchsetzten. Die Partei rechnet sich Chancen aus, den derzeitigen demokratischen Amtsinhaber Gray Davis abzulösen. Anders als im Falle herkömmlicher Wahlen stehen jedoch diesmal nicht nur einige handverlesene Kandidaten auf dem Wahlzettel. Bedingt durch die kurze Zeit vor der Abstimmung entfallen die sonst für das US-Wahlsystem typischen Abstimmungen zur Auswahl der Kandidaten. Teilnehmen kann stattdessen jeder, der Unterschriften von 65 Unterstützern sowie 3500 US-Dollar einreicht. Nach offiziellen Abgaben haben sich bereits annähernd 300 potenzielle Kandidaten die dafür nötigen Papiere besorgt.

Einer der prominentesten potenziellen Anwärter auf das Amt des Gouverneurs wird jedoch wahrscheinlich nicht antreten: Arnold Schwarzenegger hat bereits durchblicken lassen, dass er sich gegen eine Kandidatur entschieden hat. Eine endgültige Erklärung will der Schauspieler am Mittwoch abgeben. Leichter wird es damit jedoch für Kalanick nicht. Teilnehmen will unter anderem der für die Demokraten registrierte Porno-Millionär Larry Flynt. Der Hustler-Chef hat bereits angekündigt, einen professionellen Wahlkampf aus der eigenen Tasche finanzieren zu können. Auch Michael Jackson hat bereits seine Absicht erklärt, um das Amt zu kämpfen -- allerdings nicht der Popstar, sondern ein auf Fan-Stimmen hoffender Namensvetter. Gut möglich also, dass kalifornische Wähler am 7. Oktober vor die schwere Entscheidung gestellt werden, was wohl am besten für das Wohl ihres Bundesstaates ist: Pop, Porno, P2P oder doch ganz klassische Politik?

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Janko Röttgers) / (jk)