Kalifornische Volksabstimmung rettet Uber, Lyft, DoorDash

Uber, Lyft, DoorDash & Co dürfen kalifornische Fahrer weiterhin als Selbständige behandeln. Das ergibt die teuerste Volksabstimmung der US-Geschichte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen

Werbesujet der siegreichen Kampagne für die Gesetzesinitiative "Proposition 22" in Kalifornien.

(Bild: Yes on 22)

Lesezeit: 4 Min.

Uber und Lyft jubeln: Nach jahrelangem Streit mit kalifornischen Behörden, Gerichten und Gesetzgebern haben die kalifornischen Wähler in einer Volksabstimmung zugunsten der Fahrdienst-Vermittler entschieden. Sie müssen ihre Chauffeure nun doch nicht als Mitarbeiter einstufen und dürfen sie weiterhin als Selbständige behandeln – genau wie etwa 80 Prozent der Chauffeure es wünschen. Allerdings werden Mindestentlohnung und Sozialleistungen vorgeschrieben.

Bislang sind mehr als 70 Prozent der abgegebenen Stimmen der als "Proposition 22" bekannten Initiative ausgezählt. Davon sind mehr als 58 Prozent Ja-Stimmen. Mit den noch nicht ausgezählten Stimmen wird das Nein-Lager den Rückstand von 17 Prozentpunkten vielleicht verkleinern, aber kaum aufholen können. Meinungsumfragen hatten ein deutlich knapperes Rennen vorhergesagt.

Die Entscheidung des Volkes rettet nicht nur Uber, Lyft und Essenszusteller wie DoorDash in Kalifornien selbst, sondern hat auch Signalwirkung für andere US-Staaten. Politisch könnte die Volksabstimmung sogar den Weg zu einem Bundesgesetz ebnen, das zumindest Teile der "Gig-Economy" von Einschränkungen durch einzelne US-Staaten oder Kommunen schützt.

Die Werbekampagne für und gegen die Proposition 22 war die mit Abstand teuerste Kampagne für eine Volksabstimmung in einem US-Staat. Über 216 Millionen US-Dollar wurden ausgegeben, wobei die Befürworter etwa siebzehnmal so viel Geld aufgebracht haben wie die Gegner. Die wichtigsten Geldgeber waren, wenig überraschend, die Firmen Uber, Lyft, DoorDash, Instacar und Postmates. Die Nein-Kampagne wurde vor allem von Gewerkschaften finanziert.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ausgangspunkt war eine Entscheidung des kalifornischen Supreme Court. 2018 leitete er Kriterien für die Unterscheidung zwischen Selbständigen und Unselbständigen aus geltendem Recht ab. Unselbständig beschäftigt ist demnach, wer unter der Kontrolle des Arbeitgebers arbeitet und sonst kein unabhängiges Geschäft gleicher Art betreibt. Außerdem muss die erbrachte Leistung zum üblichen Betrieb des Arbeitgebers zählen.

2020 ist ein als "AB 5" bekannte Gesetz in Kraft getreten, dass Ausnahmen für eine Reihe von Berufsgruppen vorsieht, nicht aber für Chauffeure von Fahrtenvermittlern wie Uber und Lyft. Weil diese Firmen die Chauffeure aber weiter als selbständige Vertragspartner einstufen, verklagte der Staat Kalifornien Uber und Lyft auf Angestelltenrechte.

Aufgrund einer Einstweiligen Verfügung standen die Dienste wenige Stunden vor dem Aus, bevor ein kalifornisches Berufungsgericht eingriff, so dass Uber und Lyft weiterfahren dürfen. Nun hat die Staatsanwaltschaft ihre Niederlage bei der Volksabstimmung eingestanden. Das Gerichtsverfahren will sie aber weiterführen, um wenigstens für die Zeit von Jahresbeginn bis zur Beglaubigung der Volksabstimmung Strafen erwirken zu können.

Das nach Bestätigung des Abstimmungserfolgs in Kraft tretende Gesetz bringt den Chauffeuren neue Mindeststandards und Rechte.

  • Mindestentlohnung für Fahrtzeiten, die mindestens 20 Prozent über dem Mindestlohn liegt, der am Abfahrtsort für Beschäftigte gilt
  • Trinkgelder dürfen nicht abgezogen werden und auch nicht durch Gebühren, etwa für Kreditkarten, gekürzt werden.
  • Zusätzlich Mindestzahlung von 30 Cent je Meile, inflationsgesichert
  • Chauffeure dürfen nicht gezwungen werden, Aufträge anzunehmen, oder zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten zur Verfügung zu stehen. Sie dürfen auch für direkte Konkurrenten arbeiten oder beliebigen anderen legalen Beschäftigungen nachgehen.
  • (Potenzielle) Chauffeure werden durch ein Diskriminierungsverbot geschützt und haben das Recht auf Berufungen gegen Disziplinarmaßnahmen.
  • Betreiber der Vermittlungsapps wie Uber und Lyft müssen Haftpflicht-, Unfall- und Invaliditätsversicherung übernehmen.
  • Außerdem müssen sie ihren Chauffeuren die durchschnittlichen Krankenversicherungskosten für eine kalifornische "Bronze"-Police ersetzen, soweit der Fahrer durchschnittlich mindestens 25 Stunden die Woche eingeloggt ist (bei 15 bis 25 Stunden sind es die halben Krankenversicherungskosten).
  • Die Betreiber müssen ein Regelwerk gegen sexuelle Belästigung mit Beschwerdeverfahren für Chauffeure wie Fahrgäste haben.
  • Die Betreiber müssen alle Chauffeure auf strafrechtliche Verurteilungen überprüfen und alle Auszahlungen der Steuerbehörde melden.
  • Es gilt null Toleranz bei Drogen- und Alkohol-Verdacht.
  • Chauffeure müssen Mindestruhezeiten einhalten und Sicherheitstrainings absolvieren.
  • Kommunen und Countys dürfen keine neuen Auflagen machen (Stichtag 29. 10. 2019)

Ein Gesetz ist der einzig zulässige Weg, wie solche Mindeststandards verankert werden können. Hätten sich Uber, Lyft und Co. gemeinsam mit ihren Chauffeuren darauf verständigt, wäre das nach US-Recht ein illegales Kartell gewesen.

Und so hat der einschlägige Ausschnitt des Stimmzettels ausgesehen:

(ds)