"Wegen Coronapandemie": Kambodscha verschiebt Pläne für volle Internetkontrolle

Angeblich wegen der Pandemie hat Kambodscha Pläne für eine strikte Internetkontrolle verschoben. Die benötigte Technik ist wohl nicht einmal bestellt.

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(Bild: panumas nikhomkhai/Shutterstock.com)

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Kambodschas Pläne für eine Kontrolle des Internets im Stil der "Großen Firewall" Chinas werden angeblich durch die Coronapandemie ausgebremst. Eigentlich sollte ein nationales Gateway, durch das sämtlicher Internetverkehr geleitet werden muss, in diesem Monat in Betrieb genommen werden. Aufgrund der Coronapandemie und schwierigen technischen Umsetzung, sei das aber verschoben worden, erklärte ein Sprecher des Telekommunikationsministeriums: "Wir müssen das Equipment bestellen und installieren", zitiert das lokale Medium Voice of Democracy. Während weltweit die Folgen des Chipmangels zu spüren sind, hat ein Regierungsvertreter also eingestanden, dass die Gerätschaften für das komplexe technische Unterfangen noch nicht einmal bestellt wurden.

Die Regierung Kambodschas hatte vor einem Jahr Internetprovider angewiesen, sich auf die weitreichende Kontrollierung des Internetverkehrs vorzubereiten. Für die technische Umstellung waren ihnen 12 Monate Zeit gegeben worden, die laufen jetzt ab. Eigentlich sollte jetzt jeglicher Internetverkehr des Landes – nicht nur der aus dem oder der ins Ausland – durch ein von der Regierung betriebenen "National Internet Gateway" geleitet werden. Schon damals war das Vorhaben mit dem weitreichenden System zur Internetkontrolle verglichen, das China etabliert und immer weiter verfeinert hat. Erst vor wenigen Tagen hatten mehrere UN-Berichterstatter die Pläne mit klaren Worten kritisiert und einen Umsetzungstop gefordert.

Was nun von den aktuellen Äußerungen der Regierung in Phnom Penh zu halten ist und wie lang sich die Einführung des Gateways verzögern soll, ist unklar. Die Aussage erweckt den Anschein, als sei von Seiten der Regierung in den vergangenen 12 Monaten nichts unternommen worden. Die Führung des südostasiatischen Landes hatte sich zuletzt immer mehr an Peking angenähert. Ein Boom bei der Internetnutzung hatte dafür gesorgt, dass die oppositionelle Nationale Rettungspartei Kambodschas bei den Parlamentswahlen 2013 überraschend stark abgeschnitten hatte. 2017 wurde sie verboten und bei den Wahlen 2018 gingen ausnahmslos alle Parlamentssitze an die regierende Volkspartei. Im Juni stehen Wahlen an. Im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen steht das Land unter 180 Staaten auf Platz 144, in der Demokratiematrix der Universität Würzburg auf Rang 152 von 176.

(mho)