Referendum: Schweizer stimmen für Klimaschutzgesetz

Die Schweizer haben für ein Klimaschutzgesetz gestimmt. Es sieht unter anderem Förderungen für den Ersatz von fossilen Heizungen und Sektorenziele vor.

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Manche Treibhausgasausstöße lassen sich nicht vermeiden. Ihnen soll laut dem Gesetz technisch begegnet werden.

(Bild: admin.ch)

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59,1 Prozent des Schweizer Stimmvolks haben am Sonntag für das vorgelegte Klimaschutzgesetz gestimmt. Damit steht das Vorhaben fest, die Schweiz bis 2050 klimaneutral zu machen. Vor zwei Jahren hatten die Schweizer noch gegen ein Gesetz gestimmt, das mit finanziellen Anreizen und Investitionen dazu beitragen sollte, die CO₂-Emissionen des Landes bis 2030 zu halbieren.

Nun hat das Stimmvolk zugestimmt, dass die Regierung den Weg weg von Öl- und Gasheizungen sowie alten Elektroheizungen mit finanziellen Anreizen fördert und dafür jährlich 200 Millionen Franken (204 Millionen Euro) bereitstellt. Unternehmen sollen bei der Umrüstung auf klimafreundliche Technik unterstützt werden, für sie sind ebenfalls jährlich 200 Millionen Franken vorgesehen.

Als Zwischenziele sollen in der Schweiz die Treibhausgasemissionen bis 2040 gegenüber 1990 um 75 Prozent gesenkt werden, im Durchschnitt der Jahre 2041 bis 2050 um mindestens 89 Prozent. Der Bund und die Kantone dafür sorgen, dass spätestens bis 2050 in der Schweiz und im Ausland Kohlenstoffspeicher bereitstehen. Die Sektoren Gebäude, Verkehr und Industrie haben dabei unterschiedliche Zwischenziele. Schweizer Gebäude sollen ihren CO₂-Ausstoß bis 2040 um 82 Prozent senken, der Verkehr um 57 und die Industrie um 50 Prozent.

Die Industrie muss nicht bis 2050 klimaneutral werden, für sie sieht das Gesetz bis dahin eine CO₂-Reduktion um 90 Prozent vor. Verbleibende Treibhausgasemissionen, die beispielsweise in der Landwirtschaft oder Müllverbrennung nicht vermeidbar sind, sollen durch Techniken gemindert werden, mit denen CO₂ aus Kaminen oder der Atmosphäre geholt und dauerhaft in Wäldern, Böden, Holzprodukten oder anderen Kohlenstoffspeichern gebunden werden. Unternehmen, die bis 2029 Fahrpläne ausarbeiten, wie sie klimaneutral werden wollen, sollen Finanzhilfen bekommen.

Die Gegner des Vorhabens befürchten, dass durch die Umrüstungen für den Klimaschutz die Inflation massiv in die Höhe geht und hohe Kosten entstehen. Die Schweiz importiert zurzeit noch rund drei Viertel ihrer Energie. Gegen den Widerstand von Landschaftsschützern sind in den Alpen große Parks mit Solarpaneelen in Planung.

Schweizer Medien wie die NZZ zitieren den FDP-Präsidenten Thierry Burkart, laut dem neue Großkraftwerke die Stromversorgungssicherheit im Winter sichern sollten. Atomkraftwerke seien dabei besser als solche mit Erdgas. FDP-Ständerat Ruedi Noser brachte längere AKW-Laufzeiten und abgekürzte Genehmigungen für AKW ins Spiel, die an bestehenden Standorten gebaut werden. Die Schweizer Regierung hatte vor zwei Jahren bereits über mögliche Laufzeitverlängerungen für die dortigen vier AKW gesprochen. Die SVP, die schon länger neue AKW fordert, meldete sich nach der Abstimmung am Sonntag erneut mit ihrer Forderung zu Wort.

In der Schweiz wurde 2019 die Volksinitiative "Für ein gesundes Klima" eingereicht. Mit dieser "Gletscher-Initiative" wäre der Verbrauch von Öl, Benzin, Diesel und Erdgas ab 2050 verboten worden. Bundesrat und Parlament ging das zu weit. Das Parlament hat deshalb einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet.

In Deutschland, das ebenfalls bis 2050 klimaneutral werden will, hat die Bundesregierung vergangene Woche eine Novelle für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Es sieht vor, die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach verschiedenen Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude und Abfallwirtschaft zu kontrollieren, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend.

(anw)