Koalitionsverhandlungen: Digitalministerium gestrichen?

Es liegt ein angeblich finales Papier der CDU/CSU-SPD-Arbeitsgruppe Digitales vor: Von einem Digitalministerium ist keine Rede mehr.

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Illustration einer deutschen Flagge auf einem Schaltkreis

(Bild: LongQuattro/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Die Arbeitsgruppe aus Unionsvertretern und Sozialdemokraten für die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD hat ihre Arbeit beendet. Nun müssen die Vorschläge und Vorhaben noch mit den Vorschlägen der anderen Arbeitsgruppen abgestimmt und offene Punkte von den Partei- und Fraktionsspitzen beraten werden. Doch eine wesentliche Veränderung hat sich bereits ergeben: In den Ergebnissen ist keine Rede mehr von einem eigenständigen Digitalministerium. Das zeigt eine angeblich finale Version des Arbeitsgruppenpapiers, das heise online vorliegt.

Zwar wird darin zu Beginn betont, welche Rolle die Digitalpolitik als Machtpolitik, Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik spielen würde. So heißt es darin etwa "Wir wollen ein digital souveränes Deutschland", wofür anschließend Maßnahmen aufgeführt werden wie die "Deutsche Verwaltungscloud" (DVC), die auf Basis souveräner Standards realisiert werden solle. Der Staat solle zum Ankerkunden für die digitale Wirtschaft werden, die Registermodernisierung und die EUDI-Wallet eine zentrale Rolle spielen. Um all das und weitere Maßnahmen zu fördern, soll das IT-Budget des Bundes zentralisiert und strategisch genutzt werden.

Aber die Idee, dass es ein eigenständiges Digitalministerium mit behördlichem Unterbau und zentralem Digitalbudget geben sollte, wird in dem gesamten Text nicht mehr auf- und ausgeführt – ob das das Ende dieser Planungen bedeutet, ist zur Stunde noch unklar. Denn die Entscheidung über ein Ministerium wird nicht in den Arbeitsgruppen getroffen.

Viel Hoffnung setzen Christsoziale, Christdemokraten und Sozialdemokraten auf ein "Datendoppelerhebungsverbot": Der Staat soll Daten nur noch einmalig erheben dĂĽrfen, eine Neuinterpretation des Once-Only-Konzepts. Das soll auf das Ziel des BĂĽrokratieabbaus einzahlen. Wie genau aber etwa bisherige Schriftformerfordernisse abgeschafft werden, steht nicht in dem Papier der Verhandler. Die Unionsparteien streben eine Generalklausel zur Abschaffung an, die Sozialdemokraten sind offenbar skeptisch.

Die Datennutzung aber ist zentral für das, was der möglichen Koalition vorschwebt: "Wir wollen eine Kultur der Datennutzung und des Datenteilens, die Datenökonomie etabliert, auf Innovation setzt, Grund- und Freiheitsrechte schützt", heißt es in dem Papier. Damit das gelingt, sollen Rechtsunsicherheiten beseitigt werden, vorhandene Daten nutzbar gemacht und Daten-Ökosysteme gefördert werden. Zentral ist der Begriff der "Datensouveränität", der es in das Papier geschafft hat: Konsequent angewandt müsste jeder einzelne immer wieder Entscheidungen treffen, wann und wie seine Daten Verwendung finden dürfen. Insbesondere der Zugang zu Daten soll vereinfacht werden – bei Mobilitäts-, Gesundheits- und Forschungsdaten soll er neu geregelt werden. Dabei waren etwa die Gesundheitsdatenregelungen in der vergangenen Legislatur erst umfassend reformiert worden.

Auch an anderer Stelle soll die Datenpolitik neu ausgerichtet werden: Die Unionsparteien wollen eine "Grundlage" fĂĽr ein "Datengesetzbuch" schaffen. Angesichts dessen, dass ein GroĂźteil der Datenregelungen aber auf EU-Recht basieren und Deutschland Umsetzungs- oder DurchfĂĽhrungsgesetze verabschiedet und abweichende datenrechtliche Regelungen ansonsten in Spezialgesetzen enthalten sind, dĂĽrfte das noch fĂĽr einige Diskussionen in Fachkreisen sorgen.

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Strittig und an die "Steuerungsgruppe" der Partei- und Fraktionsspitzen übergeben ist die Frage, inwiefern die Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider künftig neue Visitenkarten benötigt: Die Unionsverhandler wollten eine Umbenennung in "Beauftragte für Datennutzung, Datenschutz und Informationsfreiheit" erreichen. Allerdings wäre das eigentlich nur mit weiterer Kompetenzzuweisung zu rechtfertigen: Etwa mit der Beaufsichtigung der Regularien des Data Acts und der KI-Verordnung der Europäischen Union – zwei Regelwerke, bei denen die Union bislang nicht den Eindruck machte, dass sie die Aufsicht darüber in die Hände der Datenschutzaufsichtsbehörden legen wollte.

Die Landesdatenschutzbeauftragten wiederum können zumindest bei der Arbeitsgruppe Digitales aufatmen: Statt einem Kompetenzentzug für die Wirtschaft, wie er der Union vorschwebte, soll nun die Datenschutzkonferenz ihren festen Platz im Bundesdatenschutzgesetz erhalten und so eine Grundlage für verbindlichere, gemeinsame Beschlüsse finden, um unterschiedliche DSGVO-Auslegungen in den Bundesländern zu verhindern.

Bei KĂĽnstlicher Intelligenz wird mit dem Papier der AG Digitales vor allem auf Anwendungstransfer und branchenspezifische Sprachmodelle gesetzt, die in dem Papier "KI-Sprunginnovationen" genannt werden. Ob der rechtliche Rahmen der KI-Verordnung der EU ĂĽberarbeitet werden soll, blieb strittig.