Kohlendioxid-Speicherung soll in Deutschland möglich werden

Mit einer nun von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzesänderung soll CO₂-Speicherung unterm Meeresgrund und an Land möglich werden.

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Abgasfahne über Kraftwerk Bremen-Hastedt

Abgasfahne über Kraftwerk Bremen-Hastedt

(Bild: heise online / anw)

Update
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Deutschlands Klimaziele sind ohne CO₂-Abscheidung und -Speicherung nicht erreichbar. Davon geht das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) aus, dessen Strategie für diesen Bereich die Bundesregierung am heutigen Mittwoch verabschiedet hat. Auf der Strategie basiert eine ebenfalls beschlossene Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG), mit der Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Usage (CCU) sowie der Transport und die Offshore-Speicherung von CO₂ in Deutschland ermöglicht werden. Meeresschutzgebiete werden davon ausgeschlossen. Bundestag und Bundesrat müssen das Gesetz noch beraten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte im Februar dieses Jahres Eckpunkte für eine Carbon-Management-Strategie (CMS) und das Gesetz ins Bundeskabinett eingebracht. Nun sagte der Minister, seitdem seien die Entwurfstexte mit den anderen Ressorts weiterentwickelt und Hinweise aus den Länder- und Verbändeanhörungen eingearbeitet worden. Nach Rückmeldungen der Länder sei in den Gesetzentwurf eine Opt-in-Klausel für die Onshore-Speicherung von CO₂ aufgenommen worden, also die Speicherung an Land. "Damit können einzelne Länder über die bundesgesetzlich ermöglichte Offshore-Speicherung hinaus auf ihrem jeweiligen Landesgebiet auch eine Onshore-Speicherung von CO₂ zulassen", sagte Habeck.

Mit dem Gesetzentwurf für eine Novelle des KSpG will die Bundesregierung nach ihren Angaben "einen klaren Rechtsrahmen für den Aufbau einer CO₂-Pipelineinfrastruktur schaffen und die Offshore-Speicherung von CO₂ ermöglichen". Gesetzlich ermöglicht wird die Erkundung von Offshore-Speicherstätten in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ).

CCS und CCU kommen vor allem für Industrieprozesse in Frage, in denen CO₂-Emissionen nicht völlig vermieden werden können oder die nicht unmittelbar auf erneuerbare Energien oder Wasserstoff umgestellt werden können. Für Emissionen aus der Energieerzeugung aus Kohle wird der Zugang zu CO₂-Pipelines und CO₂-Speichern ausgeschlossen. Zur Carbon-Management-Strategie gehört außerdem die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung, in der zum Beispiel beim Neubau von Kraftwerken darauf geachtet wird, dass sie auf Wasserstoff umstellbar sind.

Bisher können CO₂-Speicher in Deutschland weder beantragt noch bewilligt werden, erläutert das BMWK. Deshalb gebe es in Deutschland noch keine CO₂-Speicher. Das CO₂ müsste daher zur Offshore-Speicherung ins Ausland transportiert werden, das wiederum verbiete das London-Protokoll. Die Bundesregierung hat in ihrem Evaluierungsbericht zum KSpG von Ende 2022 angekündigt, dieses Verbot durch Ratifizierung einer international vereinbarten Änderung zum London-Protokoll aufzuheben. Bis dahin wäre der Export von CO₂ nur zu Onshore-Speichern im Ausland möglich. Aktuell plant zum Beispiel Dänemark den Bau solcher Onshore-Speicherstätten.

CO₂ wird laut BMWK bereits heute innerhalb Deutschlands transportiert. Dies geschehe mit Zügen, LKW und Schiffen. Für den Transport großer Mengen CO₂ sei jedoch eine Leitungsinfrastruktur wirtschaftlich notwendig. Eine solche existiert in Deutschland bislang nicht. Wann die ersten Leitungen gebaut werden, kann das BMWK noch nicht sagen. Ein Hochlauf von CCS wäre aus Sicht des Ministeriums ab 2030 möglich.

Update

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisiert das Gesetz heftig. Es ermögliche Kraftwerken und großen Industriekonzerne, auch über 2045 hinaus Erdgas und Erdöl einzusetzen, schreibt die Umweltschutzorganisation. "Internationale Petrostaaten und -konzerne" hätten dafür seit vielen Jahren lobbyiert.

"Die klimazerstörende Gasindustrie wird im neuen CCS-Gesetz ermächtigt, im ganzen Land eine invasive Kohlendioxid-Entsorgungsinfrastruktur zu errichten", schreibt der BUND weiter. Die Nordsee, das Weltnaturerbe Wattenmeer sowie Wälder, Moore und Wiesen seien von neuer Industrialisierung bedroht. "Dabei ist CCS eine gefährliche Scheinlösung, ein Bluff aus der Trickkiste der internationalen Öl- und Gaskonzerne, um den Ausstieg aus fossilen Energien und echte Lösungen zu verhindern. Mit CCS werden die Klimaziele unerreichbar."

(anw)