Kompromiss in der Affäre um NSA-Lauschangriffe vereinbart

Die US-Regierung hat einer Untersuchung der umstrittenen NSA-Überwachungsmaßnahmen zugestimmt - wenn der Kongress im Gegenzug ein Gesetz verabschiedet, das dem Präsidenten mehr Freiraum bei der Anordnung von geheimen Lauschoperationen einräumt.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die US-Regierung hat dem Kongress nach monatelangen Verhandlungen einen Kompromiss im Streit um die Untersuchung von Lauschangriffen der National Security Agency (NSA) gegen Bürger im eigenen Land vorgeschlagen. Danach soll ein Sondergericht für Geheimdienstangelegenheiten, der Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC), das umstrittene Telefon- und E-Mail-Abhörprogramm der NSA unter die Lupe nehmen dürfen, wenn der Kongress im Gegenzug ein Gesetz verabschiedet, das der Regierung künftig mehr Freiraum bei der Anordnung von geheimen Lauschoperationen einräumt.

Präsident George W. Bush hatte im Dezember vergangenen Jahres zugegeben, der NSA schon Anfang 2002 die Erlaubnis für Lauschangriffe gegeben zu haben, ohne dafür die verfassungsmäßig vorgeschriebene richterliche Genehmigung zu besitzen. Weil er dabei den für die Erteilung von Abhörgenehmigungen zuständigen Foreign Intelligence Surveillance Court übergangen hatte, wurde Bush selbst von Parteifreunden scharf kritisiert. Mehrere Bürgerrechtsorganisationen hatten Klagen eingereicht, weil sie in den Handlungen einen Missbrauch präsidialer Macht sehen.

Bush betonte hingegen, die Abhörmaßnahmen gegen Terrorverdächtige in den USA seien durch den Patriot Act legitimiert, weshalb man keine zusätzliche Genehmigung des FISC für solche Maßnahmen benötige. Auch weigerte sich die US-Regierung zunächst, Einzelheiten des Abhörprogramms bekannt zu geben. Erst nach massivem Druck auch aus den eigenen Reihen informierten Justizminister Alberto Gonzales und Geheimdienstberater Michael Hayden im Februar 2006 zumindest Mitglieder des Geheimdienste-Ausschusses im Repräsentantenhaus über einige Details der Lauschangriffe gegen US-Bürger, die im Verdacht stehen, Verbindungen zu Terror-Organisationen zu unterhalten.

Der republikanische Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, Arlen Specter, erklärte am gestrigen Donnerstag in Washington, die Einwilligung Bushs in eine Untersuchung der Vorgänge zeige, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika "keinen Blanko-Scheck" für die Anordnung von Anti-Terror-Maßnahmen besitze. Bürgerrechtsvertreter wie die American Civil Liberties Union (ACLU) kritisierten die Vorgehensweise unterdesssen: "Mit dem im Gegenzug zu verabschiedenden Gesetz würde festgeschrieben, dass der Präsident künftig nicht mehr gesetzlichen Regelungen unterliegt, die von Abgeordnetenhaus und Senat verabschiedet werden." Dies sei ein fauler Kompromiss.

Auch das Center for National Security Studies (CNSS) bezeichnete das Angebot der US-Regierung als Augenwischerei. Zum einen wisse niemand, wie das künftige Gesetz genau aussehen wird – derzeit existieren mindestens sechs unterschiedliche Gesetzesvorschläge – zum anderen habe Bush zusätzliche Bedingungen ausgehandelt, die ihm jederzeit einen Rückzug von der Offerte einräumen, sollten bestimmte Gesetzespassagen nicht verabschiedet werden. "Wenn ihr alles das macht, was ich euch sage, dann mache ich das, was ich sowieso hätte machen müssen" – so fasst der demokratische Senator Patrick Leahy aus Vermont die Position Bushs in dieser Frage zusammen. (pmz)