Konkurrenz für Raketenantrieb

Der klassische Raketenantrieb ist nur bedingt geeignet für lange interplanetare Ausflüge. Bei der Suche nach Alternativen ist auch ein Unternehmen aus Österreich ganz vorne mit dabei, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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Der klassische Raketenantrieb ist nur bedingt geeignet für lange interplanetare Ausflüge. Bei der Suche nach Alternativen ist auch ein Unternehmen aus Österreich ganz vorne mit dabei, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 04/08 (seit dem 20.3. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen)

Ob ein Raumschiff in eine erdnahe Umlaufbahn oder zum Proxima Centauri fliegen soll - bestimmten physikalischen Sachverhalten gegenüber gibt es kein Entkommen. So wird die Schubkraft nahezu jeder Triebwerkskonstruktion von zwei Faktoren bestimmt: der Masse der ausgestoßenen Materie und ihrer Geschwindigkeit. Je schneller der Strahl, desto weniger Masse ist nötig, um die gleiche Leistung zu erreichen, und umgekehrt. Allerdings steigt der Energiebedarf für die Beschleunigung des Strahls im Quadrat, während die resultierende Leistung nur linear zunimmt. Seit Wernher von Brauns Tagen versuchen Raketenentwickler, einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden.

Besser geeignet für lange Reisen sind Ionen- und Plasmatriebwerke, bei denen die Bereitstellung von Energie und von auszustoßender Materie anders als bei chemischen Antrieben getrennt sind. Statt also ein Gas oder einen Festkörper zu verbrennen und die so entstehenden Abgase zugleich als Antriebsmasse herauszuschleudern, nutzen sie Strom, mit dem ein ionisiertes Gas oder Plasma erzeugt wird. Wegen der Trennung von Energiequelle und Antriebsmedium erreichen solche Triebwerke ein besseres Verhältnis von Antriebsimpuls zu Treibstoffmasse ("spezifischer Impuls").

In Texas und Costa Rica entwickelt die Ad Astra Rocket Company solche Plasmaantriebe. Unternehmensgründer Franklin Chang-Diaz war siebenmal als Nasa-Astronaut im All und beschäftigt sich schon seit 1979, damals noch am MIT, mit dem Thema. Ad Astras "Variable Specific Impulse Magnetoplasma Rocket" (VASIMR) wurde in Vakuumkammern auf der Erde bereits erfolgreich getestet.

VASIMR erzeugt aus Magnetfeldern einen virtuellen Behälter und erhitzt darin das aus einem leichten Gas erzeugte Plasma nach dem Mikrowellen-Prinzip auf mehrere zehntausend Grad; den Strom dafür sollen im All fotovoltaische Sonnensegel liefern. Das Magnetfeld beschleunigt die Plasmateilchen auf 40 Kilometer pro Sekunde - zehnmal so schnell wie beim Space-shuttle-Antrieb. "Wir liegen im Plan, VASIMR bis 2010 im All einzusetzen", sagt Chang-Diaz selbstbewusst, "unsere Technologie füllt einen immer größeren Bedarf für Raketen, die bei starker Leistung Treibstoff sparen sollen."

Eine weitere Variante des Plasmatriebwerks ist der Magnetfeldoszillationsantrieb (MOA). Er erzeugt mit einem veränderlichen Magnetfeld innerhalb des Plasmas eine massetransportierende Welle und beschleunigt dadurch den Ausstoß der Gaspartikel. Diese Triebwerke brauchen rund 90 Prozent weniger Masse als Ionentriebwerke. Der erste MOA wurde an der TU Graz gebaut. Die 2005 dort ausgegründete Qasar Technologies GmbH entwickelt die Technologie nun weiter. "Während Ionenantriebe höhere Ausströmgeschwindigkeiten erreichen, verarbeiten wir eine höhere Massedichte", sagt Manfred Hettmer, einer der beiden Qasar-Geschäftsführer. Wie VASIMR kann MOA zwischen mehr Schub und höherem spezifischen Impuls variieren, "doch wir können mehr Parameter kontrollieren und fast jeden Treibstoff verwenden", so Hettmer. Zurzeit verhandelt das Unternehmen mit einem amerikanischen Kommunikatikonssatelliten-Hersteller. (wst)