Künftiger AOL-Chef mahnt Medienbranche zur Einigkeit

Für Richard Parsons liegen die größten Chancen der Medienbranche im interaktiven Fernsehen und Video-on-Demand -- und die größten Gefahren in "digitalen Piraten" und Werbe-Filtern.

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Normalerweise nutzen derzeit Unternehmer der IT-Branche fast jede öffentliche Gelegenheit, um Optimismus zu verbreiten. Umso bemerkenswerter klingen die Worte des derzeitigen Co-COO und künftigen CEO von AOL Time Warner Richard Parsons auf der Konferenz der US-amerikanischen Rundfunk- und TV-Sender (NAB) in Las Vegas: Die Möglichkeiten seiner Branche seien noch nie so viel versprechend gewesen, aber die Herausforderungen und Einsätze auch noch nie so groß. Auf diesem Scheideweg sollten die Sender auf die neuen Technologien setzen und neue Produkte entwickeln; sie sollten sich aber darauf konzentrieren, was die Menschen wollten, nicht was die Technik ermöglicht, meinte der künftige Chef des Mediengiganten in seiner Keynote.

Als entwicklungsfähigste Gebiete bezeichnete Parsons das interaktive Fernsehen und Video-on-Demand. Hier lauern aus seiner Sicht auch die größten Feinde der Medienindustrie in Gestalt von digitalen Piraten und Techniken, die Werbung aus den Inhalten ausfiltern. Vor diesem Hintergrund sollten die Kabelnetzbetreiber und die Sender ihren alten und "selbstmörderischen" Zwist beilegen und die Herausforderungen gemeinsam angehen. Sie hätten ein gemeinsames Interesse an der Vergrößerung der Einnahmen durch das Fernsehen und daran, sich den kontraproduktiven Einflüssen der Regierung zu entziehen. Eine Hürde hat AOL Time Warner selbst im Januar beseite geräumt: Ein Berufungsgericht in Washington hatte auf Betreiben des Medienriesen eine staatliche Regelung aufgehoben, die Unternehmen in Ballungsgebieten verbietet, gleichzeitig Fernseh- und Kabelfernsehstationen zu besitzen.

So ernst die Situation Parsons auch erscheint, ist er dennoch zu Scherzen aufgelegt. Mit Seitenblick auf den Veranstaltungsort der Konferenz meint er, derzeit seien die Chancen auf einen Gewinn am Spieltisch größer als mit einem AOL-Aktienpaket. Parsons besitzt die Option auf 3,5 Millionen Aktien im Wert zwischen 48,96 und 73,44 Millionen US-Dollar. Der Kurs der AOL-Aktie liegt zurzeit bei 21,78 US-Dollar. Im vergangenen Jahr machte der weltgrößte Medien- und Internetkonzern 4,9 Milliarden US-Dollar Verlust. Parsons wird im Mai die Nachfolge des 62-jährigen Gerald M. Levin antreten, der in den Ruhestand gehen will. (anw)