Kurz vor den Wahlen: Iran erklärt auch Nutzung von VPN-Diensten für illegal

Kommende Woche finden im Iran Wahlen statt und seit Tagen klagen die Menschen dort über Interneteinschränkungen. Nun wird deutlich, was dahinter steckt.

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Frauen machen Selfie vor Moscheen in Isfahan

(Bild: muratart/Shutterstock.com)

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Anderthalb Wochen vor den Wahlen zum Parlament und für weitere Gremien hat das iranische Regime die Benutzung von VPN-Diensten verboten und weitere Interneteinschränkungen angeordnet. Das hat der Oberste Rat für den Cyberspace (شورای عالی فضای مجازی) der Islamischen Republik verkündet. Demnach wird auch Werbung auf "ausländischen Plattformen" untersagt, im Iran sind einige eigentlich verbotene Dienste sehr beliebt. Private Unternehmen werden stattdessen aufgerufen, ihre Dienste auf heimischen Apps und Internetseiten zu bewerben, fasst die Nachrichtenagentur dpa zusammen. Im Iran sind die Menschen aufgerufen, am 1. März ein neues Parlament und den sogenannten Expertenrat zu wählen, ein Gremium aus Geistlichen, das den sogenannten Revolutionsführer bestimmt.

Die jetzt publik gewordenen Einschränkungen wurden bereits vor etwa zwei Wochen eingeführt, schreibt die dpa unter Berufung auf die Zeitung Shargh (شرق). Seitdem seien durch ein der Regierung unterstehendes Telekommunikationsunternehmen zahlreiche VPN-Verbindungen und deren Protokolle eingeschränkt worden. Für die Menschen im Iran macht sich das direkt bemerkbar, seit Tagen wird über neue Probleme mit den Internetverbindungen geklagt. VPN-Dienste sind in dem Land ein beliebtes und viel genutztes Werkzeug, um die bereits geltenden Einschränkungen zu umgehen, auch von den Herrschenden. Laut IranWire waren Kauf und Verkauf solcher Dienste bereits illegal, nicht aber die Nutzung.

Irans Behörden sind bekannt dafür, das Internet und bestimmte Angebote immer wieder einzuschränken, vor allem bei den wiederkehrenden Protesten gegen das Regime. VPN-Dienste sind deshalb beliebt und weitverbreitet, um die Sperren zu umgehen. Bisher war die Nutzung der Tunneldienste eine rechtliche Grauzone. Instagram und Telegram beispielsweise sind beliebte Plattformen für Unternehmen, die dort ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben. Internet- und Handelsverbände haben die Sperren wiederholt kritisiert. Der für die jetzt verkündeten Sperren verantwortliche Cyber-Rat wurde 2012 auf Anordnung von Staatsoberhaupt und Religionsführer Ali Chamenei gegründet und beschäftigt sich mit "Gefahren des Internets".

Im Iran hat im Herbst 2022 eine der heftigsten Protestwellen in der Geschichte der Islamischen Republik begonnen. Ursprünglicher Auslöser war der Tod der 22-jährigen Mahsa (beziehungsweise Jina) Amini in Polizeigewahrsam. Die junge Frau war wegen eines Verstoßes gegen die Bekleidungsvorschriften von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden. Bald richteten sich die Proteste aber nicht mehr nur gegen die Unterdrückung der Frauen, sondern das Regime insgesamt. Das Regime hat die Proteste mit massivem Einsatz unterdrückt und damit für eine scheinbare Ruhe gesorgt. Bei den Wahlen hofft das Regime auf eine hohe Beteiligung.

(mho)